Muslime gegen Möllemann

Türken demonstrieren gegen FDP. Umworbenes Wählerpotenzial bleibt gering

BERLIN taz ■ Islamische und türkische Verbände glauben nicht, dass die FDP wegen der Äußerungen Möllemanns zum Nahostkonflikt und über den Zentralrat der Juden einen Stimmenzuwachs unter den Muslimen in Deutschland erreichen kann.

Der Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) ruft für heute sogar zu einer Protestkundgebung vor der Bundeszentrale der FDP auf. Es sei unerträglich, wie Teile der FDP versuchten, im braunen Sumpf zu fischen.

Skepsis auch bei anderen Verbänden: „Es reicht beileibe nicht, antiisraelische Kritik zu äußern und zu erwarten, dass die Muslime in Scharen zur FDP strömen“, sagt Aiman Mazyek, Pressesprecher der Zentralrats der Muslime in Deutschland, selbst FDP-Mitglied. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Deutschlands, Hakki Keskin, erklärte, es ginge nicht an, mit antisemitischen Stimmungen Politik zu machen.

Der Leiter des Essener Zentrums für Türkeistudien, Faruk Sen, hält einen Stimmenzuwachs für die FDP durch türkischstämmige Muslime für unwahrscheinlich. „Für türkischstämmige Wähler sind das Zuwanderungsgesetz und die EU-Mitgliedschaft der Türkei tausendmal wichtiger als Probleme des Nahen Ostens.“

Nach den Wählerbefragungen des Zentrums für Türkeistudien entschieden sich bisher etwa 65 Prozent der türkischstämmigen Wähler für die SPD. Die restlichen Stimmen seien gleichmäßig auf die anderen Parteien verteilt. Es gäbe auch nicht 800.000 wahlberechtigte Muslime in Deutschland, wie Möllemann gesagt habe, sondern lediglich rund 470.000, so Sen.

Am meisten Potenzial gibt es für die FDP wohl unter den palästinensischstämmigen Wahlberechtigten. „Möllemanns Äußerungen wurden von den Arabern und Palästinensern hier positiv aufgenommen“, erklärt Mohammed Zaher von der Palästinensischen Gemeinde in Berlin. Wie viele Stimmen das bringe, könne er aber nicht einschätzen. Zustimmung für die FDP gäbe es aber nur für die Nahostpolitik der Partei. „Den Streit mit dem Zentralrat der Juden betrachten wir als interne Angelegenheit“, sagte Zaher der taz.

YASSIN MUSHARBASH