PALÄSTINA: DIE KABINETTSUMBILDUNG IST NICHT EFFIZIENT GENUG: Arafat zurückgetreten – als Innenminister
In den letzten vier Wochen ist in der palästinensischen Innenpolitik mehr passiert als in den acht Jahren zuvor: Zuerst kündigte Jassir Arafat Wahlen innerhalb eines Jahres an. Dann unterschrieb er das lange ausgearbeitete Grundgesetz. Nun hat er auch noch sein Kabinett umgebildet. Damit hat Arafat Forderungen palästinensischer, israelischer und westlicher Kritiker zu erfüllen versucht.
Beide Ministerien, auf die es in den Beziehungen zu Israel und den Geberländern vor allem ankommt, hat Arafat neu besetzt. Finanzminister ist nun der Exmitarbeiter des Internationalen Währungsfonds und Exbankchef Salim Fajed, endlich also jemand, der sich mit Finanzen auskennt. Die Europäische Union, durch den möglichen Missbrauch ihrer Hilfszahlungen aufgeschreckt, wird ihm künftig extra genau in die Bücher schauen. Zum Innenminister ernannte Arafat statt seiner selbst den unauffälligen 73-jährigen Abdel Rasak Jehije. Hier handelt es sich um eine zweischneidige Wahl. Gut daran ist, dass Arafats Selbstabsetzung ein Schritt zur Machtentflechtung ist. Fragwürdig bleibt, woher Jehije die Autorität nehmen soll, die verschiedenen Sicherheitsdienste unter seinem Kommando zu vereinigen. Die näher liegende Wahl wäre der Exsicherheitschef des Gaza-Streifens, Mohammed Dahlan, gewesen. Doch offenbar wollte Arafat einem potenziellen Präsidentschaftskandidaten keine Plattform zur Profilierung bieten.
Die Verkleinerung des palästinensischen Kabinetts ist indes sicher sinnvoll. Sie spart Geld und beschneidet den Nepotismus. Natürlich hätten für einige Posten bessere Kandidaten gefunden werden können. Und noch immer sind nicht genügend Frauen vertreten. Aber insgesamt sind Arafats Maßnahmen ein Schritt in die richtige Richtung.
Und wie reagiert der israelische Premier Ariel Scharon? Nur Stunden nach Berufung des neuen Kabinetts lässt er Arafats Amtssitz erneut beschießen. Gleich die erste Sitzung der Minister wurde abgesagt. So nimmt Scharon dem neuen Kabinett auch die Chance, seine Fähigkeit oder Unfähigkeit unter Beweis zu stellen. YASSIN MUSHARBASH
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