Klimahaus statt „Ocean Park“

Magistrat entschied sich für den erfolgreichen Bremer Universum-Betreiber Petri&Tiemann. Auch ein Kongress-Hotel, ein „mediterranes“ Einkaufs- und Gastro-Zentrum und eine Marina sollen Touristen ins historische Zentrum Bremerhavens locken

1995 sind Bremerhavens Stadtverordnete noch nach Genua gefahren, um sich Vorbilder für den von Peter Chermayeff geplanten „Ocean Park“ anzusehen. Bis zu 600 Millionen Mark sollte die Attraktion damals kosten. Chermayeff hatte aber kein Geld. Nachdem auch Jürg Köllmann als Projektentwickler daran scheiterte, dass keiner seine große Idee finanzieren wollte, hat Oberbürgermeister Jörg Schulz die Sache in die Hand genommen und die Ansprüche herunter gehängt: In Bremen steht das Erfolgsmodell für Bremerhaven, die Betreiber des Universum sollen ein „Klimahaus“ in Bremerhaven zum Tourismus-Magneten machen.

Aus dem offen gestalteten Foyer werden die Besucher – die Betreiber Petri&Tiemann rechnen mit 600.000 pro Jahr – in einen 100 Meter langen Tunnel eintreten, der „durch ein imposantes Spektakel aus Feuer, Wind, Feuchtigkeit, Geräuschen und Licht nach unten führt“. Am Ende des Tunnels steht Aufklärung: über die vier Elemente, über eine weltumspannende Klima-„Reise entlang des 8. Breitengrades“ und über Geschichte und Perspektive des Weltklimas.

69 Millionen Euro soll der Bau kosten. Die nimmt das Land Bremen aus dem Investitionssonderprogramm. Petri&Tiemann haben nicht nur das Konzept entwickelt, sondern wollen auch als Betreiber ins Risiko gehen – mit wieviel eigenem Kapital, teilte der Magistrat nicht mit. Dennoch heißt es in der Pressemitteilung, dieses Modell sei „ohne weitere Folgekosten für die öffentliche Hand.“

Immerhin haben die Betreiber mit dem Universum bewiesen, dass sie von dieser Art „Science Center“ etwas verstehen. 510.000 Besucher zählte die Bremer Schwester des geplanten Klimahauses im ersten Betriebsjahr – mit offenbar steigender Tendenz: Die Besucherzahlen im Mai lagen um 10.000 über denen des Mai 2001, und es gibt zunehmend Wiederholungsbesucher, weiß man beim Universum. Weil es eben viel zu sehen gibt – das Konzept „Edutainment“ geht da auf. In den Ferien füllen Touristen die gigantische Muschel, in der Schulzeit stehen auch die Schulklassen Schlange.

Dabei steht das Universum allein im Bremer Technologiepark, in Bremerhaven soll es neben dem architektonisch ähnlich „herausgehobenen“ Klimahaus das Einkaufszentrum Mediterraneum geben und eine Marina, insgesamt soll das historische Bremerhavener Stadtgebiet „Alter/Neuer Hafen“ zwischen dem Zoo am Meer und dem Schifffahrtsmuseeum zum „Tourismusmagneten“ werden. Ein Kongress-Hotel, das – wie das Hotel am Universum – von Zechbau betrieben werden soll, und gastronomische Abgebote unter dem Dach des „Mediterraneum“ sollen das Angebot abrunden. Auch „Wohnen am Wasser“ soll es dann in diesem Bereich in Bremerhaven geben.

Die Hamburger Unternehmer Dr. Carlo Petri und Hans-Jürgen Tiemann hatten sich zunächst mit dem Heide-Park Soltau einen Namen gemacht, bei dem sie aber nur noch als „Berater“ beteiligt sind. Heute ist das Universum ihr wesentliches Referenzprojekt. (www.p-t.de)

Zweiter Bewerber in Bremerhaven war das französische Unternehmen „Nausica“ gewesen, das in Frankreich Großaquarien betreibt und für Bremerhaven sogar 800.000 Besucher im Jahr versprach. Aber Nausica wollte nicht als Betreiber das Risiko seiner Prognosen übernehmen, die Bremer Gutachterfirma Fides riet auch deshalb zu dem Konzept von Petri&Tiemann, weil sie leise Zweifel an der Acht vor den fünf Nullen hatte. K.W.