: Speicherung trotz Freispruch möglich
Karlsruhe lehnt Klage ab: Verdacht des sexuellen Missbrauchs muss nicht aus Kriminalakte getilgt werden
FREIBURG taz ■ Auch nach einem gerichtlichen Freispruch darf die Polizei den ursprünglichen Verdacht weiter speichern, wenn dieser noch nicht ausgeräumt ist. Dies entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht in einem gestern bekannt gemachten Beschluss.
Geklagt hatte ein Mann aus Niedersachsen, der zweimal in den Verdacht geraten war, er habe mit Kindern pornografische Filme hergestellt. Dabei soll sogar der eigene Sohn beteiligt gewesen sein. Im einen Fall war er gerichtlich aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden, beim zweiten Mal wurde das Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt. Das Landeskriminalamt behielt die Vorfälle aber auch weiterhin in seinen Computern.
Dagegen wehrte sich der Mann und verwies auf die im Grundgesetz garantierte Unschuldsvermutung. Nach einem gerichtlichen Freispruch sei eine Speicherung der Daten nicht mehr zulässig, so seine Klage. Wie schon vor den Verwaltungsgerichten scheiterte der Mann nun aber auch vor dem Bundesverfassungsgericht. Karlsruhe stellte klar, dass die Speicherung der Daten zur Verhütung weiterer Straftaten zulässig bleibt, solange der einstmalige Tatverdacht „nicht ausgeräumt“ ist.
Die Speicherung eines Tatverdachts verstoße auch nicht gegen die Unschuldsvermutung, betonten die Verfassungsrichter, denn sie beinhalte keine Schuldfeststellung. Sie sei auch nicht so schwerwiegend wie eine Strafsanktion. Allerdings sei die Speicherung der Verdachtsmomente nur so lange zulässig, wie eine Wiederholungsgefahr bestehe. Ob diese vorliegt, könne aber nicht schematisch entschieden werden, sondern nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles.
Wenn aber gegen eine bestimmte Person zweimal binnen kurzer Zeit in der gleichen Sache ermittelt werde, so die Verfassungsrichter, sei die Annahme der Wiederholungsgefahr sicher nicht verfehlt. Az. 2257/01
CHRISTIAN RATH
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