: „Grüß mir Maja, die Eule“
Im Wildpark Eekholt gibt es Raubvögel mit Kosennamen, die bei ihrer Flugschau die Kinder begeistern. Motto des Parks, in dem auch Schulkinder übernachten können: Kinder können nur Tiere schützen, wenn sie sie kennen
von KAIJA KUTTER
Wochenende mit Familie, das ist Ausflugzeit, nicht selten in einen Wildpark. Man fährt zwar lange Auto und zahlt kräftig Eintritt, aber die Kinder sind pädagogisch halbwegs sinnvoll beschäftigt. Müttern und Vätern, die von dieser Freizeitroutine ein wenig ermüdet sind, sei der Wildpark Eekholt bei Bad Segeberg ans Herz gelegt.
Zunächst wirkt die Anlage nur etwas unscheinbarer als andere Parks. Ein Seeadler sitzt einsam auf der Stange in der Voliere. Daneben ein rudimentärer Ameisenhaufen, der von Kindern mutwillig zerstört wurde, wie ein Schild in Kinderschrift anklagt. Wir sind mitten im Wald. Keine gepflasterten Wege, keine künstlich gepflanzten Ziersträucher, hier ist alles Natur.
In einem Schauhaus sehen wir einen echten Ameisenhaufen in Betrieb. Daneben im Schatten lange Baumstämme, auf denen die Kinder balancieren können. Kein Kiosk, kein Geld-aus-der-Tasche-zieh-Automat, dafür eine Sitzbank mit Blick auf ein Rudel heller Hirsche. Fasane in ihren Volieren, zwei Otter planschen in einem natürlichen Gewässer. Wieder Sitzbänke und ein schöner Fluss. Die „Osterau“ mäandert durch den Park, umgeben von feuchten Auen, auf denen Störche nisten. Gänse fliegen in Formation. Theo (6) drängelt. Er war mit seiner Oma schon mal da. Bald ist 14 Uhr und „Flugschau“- Zeit.
Die Jagd mit Vögeln, das lernen wir von Falkner Dietmar Damm, gibt es seit 4000 Jahren. Mit einem schnurlosen Mikro am Kopf, den Arm durch einen altertümlichen Lederhandschuh geschützt, läuft er am Publikum vorbei auf die Schauwiese und ruft die Raubvögel mit Kosenamen. Bobo, der Uhu, Maja, die Eule, fliegen vom Schuppendach tief über die Köpfe der Kinder. Auch Milane, Mäusebussarde, Turmfalken düsen ihre Runden und bekommen zur Belohnung ein Fleischstück.
Seine Vögel, erfahren wir weiter, dürfen den Park auch verlassen und sind oft tagelang fort. Für den Fall, dass sie sich verirren, haben sie einen Sender am Bein und eine Adresse. Nicht selten rufen Menschen dann an, um die Tiere zu melden. Bussarde und Milane sind meist an Straßenrändern zu beoachten, um den „Zivilisationsgulasch“ aufzulesen, wie er totgefahrene Tiere nennt. Der Fluß wird auch von Kanufahrern genutzt, die neugierig die Schau von der Seite verfolgen. „Fahren sie bitte weiter, sie machen die Tiere nervös“, ruft Damm in Sorge.
Es fliegt der Seeadler, mit 2.40 Metern Flügelspannweite der größte Vogel. In den 70ern, das lernen wir, gab es in ganz Schleswig-Holstein nur vier Brutpaare. Heute hat sich der Bestand, auch dank des Aufzuchtprogramms in Eekholt, wieder erholt. Die Versuche, die Adlerküken zu züchten, scheiterten zunächst an Umweltgiften. Erst nach dem Verbot von DDT in der Landwirtschaft gibt es keine Mißbildungen bei den Embryonen mehr.
„Euer Park ist echt Klasse. Grüß mir die Eule Maja aus der Flugschau“, schreibt Julia aus der Klasse 3 b ins Homepage-Gästebuch. Die drei Hütten der Parkschule, die Klassen tageweise mieten können, sind bis Oktober ausgebucht. Im Winter sind „Wolfsnächte“ im Angebot.
„Unsere Tierwelt ist nach wie vor bedroht. Wir können den Kindern nur beibringen, sie zu schützen, wenn sie sie kennen“, erklärt Parkgründer Hans-Heinrich Hatlapa. Untersuchungen hätten ergeben, dass das Erleben der Tiere, das Riechen und Fühlen viel wirksamer sei als das Lernen bloßer Fakten. Hier können die Kinder mit den Pflegern Hirsche füttern oder Bienen beobachten und dabei aus der Honigschleuder naschen.
Die Flugschau endet mit einem echten Jadgtraining für den Falken. Vier, fünf mal fliegt das schnelle Tier eine Lederattrappe an, die der Falkner an einer Schnur im Kreis schwingt. Das trainiert die Muskeln der Vögel, die früher als Jäger für Reiher eingesetzt wurden. Die Beute teilten sich Mensch und Tier. Raubvögel, so hören die Kinder, sind nicht fies, sie haben ihre Funktion in der Natur und jagen schwache und überzählige Tiere.
Nach der Schau sind die Kinder fasziniert und trotten weiter zum Freigehege, geduldige Ziegen streicheln. Manch Erwachsener ist froh, dass die Tiefflüge über den Köpfen zuende sind.
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