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Aufstand der Kleinbürger

Die Basis zieht Ronald Schill den Teppich unter den Füßen weg und entscheidet pro Bundestagswahl. Schill rettet seine Autorität mit Beschimpfungen von Rot-Grün und Ausländern: „Wir brauchen eine Festung Europa.“

von PETER AHRENS

„Es gibt bereits erste Auflösungstendenzen“, sagt Ronald Barnabas Schill. Damit meint er allerdings Rot-Grün im Bund und nicht seine eigene Partei. Dabei gelingt es dem Vorsitzenden an diesem Tag nur noch, seine Mitglieder aus den anderen Bundesländern vorbehaltlos hinter sich zu bringen, wenn er auf 68er, Grüne und Ausländer einhauen kann. Dann kann sich Schill auf dem Parteitag im CCH der Ovationen sicher sein. Zur Frage des Antrittts zur Bundestagswahl hingegen verweigert die Basis ihm die Gefolgschaft – Schill nimmt es mit steinerner Miene zur Kenntnis.

Die Miglieder aus dem Rest der Republik haben an diesem Tag kein Verständnis dafür, dass „sich eine bundesweite Partei vorrangig um die Probleme rund um die Binnenalster kümmert“, wie einer sagt. Dieter Schreck, Landesbeauftragter aus Schleswig-Holstein, orakelt gar vom Rednerpult: „Die Bundesrepublik Deutschland ist nur zu retten, wenn die Partei Rechtsstaatlicher Offensive zur Wahl antritt.“

Auch der mittlerweile geschasste nordrhein-westfälische Landesbeauftragte Dieter Mückenberger beklagt: „Schuld da- ran, dass wir noch keine funktionierenden Landesverbände haben, ist allein die zögerliche Haltung des Bundesvorstandes.“ In einem Interview mit der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit, die vor dem Saal verteilt wird, hatte Mückenberger vor allem Schills Vize Mario Mettbach angegriffen und ihm „würdeloses Verhalten“ gegenüber den Mitgliedern in den anderen Bundesländern vorgeworfen.

Das Votum der Delegierten gegen Schills Kurs ist bestes Futter für die Hamburger Oppositionsparteien, die schon die ersten Nachrufe fertigen: „Die Entscheidung vom Sonnabend ist der Anfang vom Ende der Schill-Partei“ frohlockt SPD-Landeschef Olaf Scholz. Die Basis habe „dem flatterhaften Kurs ihres Parteichefs ein Ende bereitet“. GAL-Parteichefin Anja Hajduk konstatiert, Schill sei „deutlich im Abstieg begriffen“. Für den Wahlkampf sagt sie voraus, Schill werde ihn „mit ausländerfeindlichen und unliberalen Sprüchen“ bestreiten. Schadenfreude kommt von den Hamburger Jungliberalen: Das Abstimmungsergebnis sei „ein erster Meilenstein auf dem Weg der Selbstauflösung der Partei“, erklärt der Landesvorsitzende, Jan Erik Spangenberg, der Jugendorganisation von Schills Koalitionspartner.

Als wolle Schill die Prognose Hajduks bestätigen, widmet er sich in seiner Rede intensiv den „32.000 Islamisten in Deutschland, einem unerschöpflichen Reservoir für Terroristen“ und fordert Bundespräsident Johannes Rau zum Rücktritt auf, weil dieser das Zuwanderungsgesetz unterschrieben und damit „unsere Verfassung gebrochen hat“. Das Gesetz werde durchgepeitscht „wie in einer Diktatur“, ereifert sich der Vorsitzende unter großem Hallo. Er wiederholt seinen Vorwurf, für Flüchtlinge und ausländische Zuwanderer werde „unser Wohlstand verfrühstückt“ und fordert: „Wir brauchen eine Festung Europa.“ Und wo er gerade dabei ist: „Außer der Homoehe hat Rot-Grün nichts auf die Beine gebracht.“ Wenigstens jetzt hat Schill den ganzen Saal hinter sich.

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