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Abwehrfront der Union bröckelt

Bundestagsinnenausschuss hört erneut Experten zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes. Rot-grüner Entwurf findet nicht nur bei Historikern Beifall. Auch Sachsens CDU-Justizminister will im Bundesrat zustimmen und kritisiert Stoibers Blockadetaktik

aus Berlin PHILIPP MÄDER

Der Innenausschuss des Bundestags ist gestern auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion ein zweites Mal zusammengekommen, um Experten zur Novellierung des Stasi-Gesetzes anzuhören. Die rot-grüne Regierungskoalition will die Änderungen am Freitag im Bundestag verabschieden.

Bevor sie allerdings in Kraft treten können, müssen sie auch noch den Bundesrat passieren. Wegen der durch die zweite Anhörung entstandenen Verzögerung ist dies nur noch dann möglich, wenn der Bundesrat zu einer Beschleunigung des üblichen Verfahrens bereit ist – und wenn die Unions-Mehrheit in der Länderkammer zustimmt. Aus den unionsregierten Bundesländern hat bisher nur Sachsens Justizminister Lothar de Maizière (CDU) seine Unterstützung zugesichert.

Joachim Gauck, früherer Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen, sprach sich für die rot-grünen Pläne aus. Er hoffe nicht, dass das neue Gesetz „auf dem Altar des Wahlkampfes“ geopfert werde, sagte Gauck. „Ich kann mit dem Entwurf, den die Koalition vorgelegt hat, gut leben.“

SPD und Grüne wollen das Gesetz nach dem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts in zwei Punkten neu fassen. Das Gericht hatte die Herausgabe der Stasiakten von Exkanzler Helmut Kohl (CDU) mit Hinweis auf dessen Opferrolle verboten.

Nach Ansicht von SPD und Grünen soll die Akteneinsicht vor allem für Historiker, aber auch für Journalisten wieder ermöglicht werden. Auch Privatpersonen sollen Einsicht in sie betreffende Unterlagen haben dürfen. Der rot-grüne Entwurf sieht vor, dass die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, nach der Benachrichtigung der betroffenen Person zwischen den Interessen der Historiker und der Datenschützer abwägt. Birthler sei die „gewählte Beauftragte des Parlaments“, deren Entscheidungsbefugnis man Vertrauen entgegenbringen sollte, sagte die Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Ute Vogt (SPD). Eine Alleinentscheidung des von der Akteneinsicht Betroffenen, wie dies von der CDU/CSU gewünscht werde, „würde keine objektive Aufarbeitung gewährleisten“, erklärte sie.

Neue Erkenntnisse traten bei der erneuten Anhörung kaum zutage: Die eingeladenen Historiker befürworteten den rot-grünen Vorschlag. Die Union hatte auf die Ladung eines Historikers verzichtet, nachdem ihr bei der vergangenen Anhörung der eigene Kronzeuge, der Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, Horst Möller, in den Rücken gefallen war. Nicht ganz unerwarte Schützenhilfe bekam die Union allerdings von der PDS. Deren Experte Jürgen Hofmann verkündete, auch die Funktionäre seien Opfer gewesen und deshalb zu schützen. Skeptisch äußerte sich gestern auch der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Joachim Jacob, der den Persönlichkeitsrechten zu wenig Rechnung getragen sah. Ihm widersprach jedoch der Brandenburger Datenschutzbeauftragte Alexander Dix: „Der vorliegende Gesetzesentwurf genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen“, betonte Dix. Ungewöhnlich deutliche Kritik an seinen Parteifreunden äußerte Sachsens Justizminister de Maiziere. „Der Druck von Edmund Stoiber oder Helmut Kohl wird dem Vorgang nicht gerecht.“ Die geplante Novelle ermögliche einen „vernünftigen Umgang“ mit den Stasiakten.

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