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Bei Omar zappeln qualifizierte Leute im Netz

Eine dänische Internet-Arbeitsvermittlung speziell für AusländerInnen scheint gut anzukommen – vor allem bei kleinen und mittleren Betrieben

KOPENHAGEN taz ■ Mai sucht eine Beschäftigung als Programmiererin. Sie ist 32 Jahre alt, spricht und schreibt fließend Dänisch, Englisch und Vietnamesisch. Hat im vergangenen Jahr eine entsprechende Ausbildung abgeschlossen, aber noch keine Arbeit. So wie auch ihr ursprünglicher Beruf Lehrerin in Dänemark nicht die Tür zu einem ihrer Kompetenz angemessenen Job öffnen konnte. Das, zusammen mit speziellen Angaben über ihre Kenntnisse und Erfahrungen in verschiedenen IT-Sektoren, können ArbeitgeberInnen bei „Omar“ lesen, der vor einem Monat gestarteten dänischen Internet-Arbeitsvermittlung „Omarjob“ (www.omarjob.dk).

Die Internetseite, die sich als „Kompetenzportal“ bezeichnet und auf der man mit dem Koran-Zitat „Gott wird das Schicksal eines Volkes nicht ändern, bevor dieses nicht selbst ändert, was in ihren Herzen ist“ begrüßt wird, ist speziell für AusländerInnen mit akademischer Ausbildung gedacht. Und soll dazu beitragen, ArbeitgeberInnen auf diese brachliegenden Arbeitskraftressourcen aufmerksam zu machen.

Auch in Dänemark haben nämlich Ingenieure, Lehrerinnen und andere AkademikerInnen mit ausländischem Hintergrund das Problem, im Zweifel nur einen Job zu bekommen, der weit unterhalb ihres Kompetenzniveaus liegt. „Unsere Wirtschaft sucht verzweifelt nach kompetenter Arbeitskraft“, so Lars Gabe, Direktor der Softwarefirma ICE, „und dabei haben wir sie offenbar mitten unter uns. Aber die üblichen Kanäle scheinen nicht zu funktionieren.“

Die Personalabteilung von ICE hat zum Beispiel zwei Programmierstellen zu besetzen. Man hat sich vier Arbeitssuchende bei Omarjob ausgesucht und zum Vorstellungsgespräch geladen. Das geht Ruckzuck. Die Arbeitssuchenden für bestimmte Berufsgruppen – von Biochemikern über Mathematiker bis zu Zahnärzten deckt die aktuelle Liste nahezu das gesamte akademische Spektrum ab – sind mit knapper Charakterisierung aufgelistet. Klickt man dann beispielsweise auf „Mai“, erfährt man das Notwendige über ihre Person und Ausbildung. Ein Klick auf das Feld „zu einem Termin einladen“ führt direkt zu ihrer E-Mail-Adresse.

Zehn geglückte Vermittlungen in einem Monat zeigen, dass das System zu funktionieren scheint. Seinen eigenen Lebenslauf mit Ausbildungsweg auf die Seite zu legen ist ebenfalls einfach – wird jedoch nur veröffentlicht, wenn man eine Kopie seiner Examenszeugnisse an das Omar-Projekt geschickt hat. Vertrauen ist gut, etwas Kontrolle dient aber der Seriösität des Angebots.

Rund 170 BewerberInnen haben bislang ihre CVs bei „Omarjob“ ausgelegt, und damit ist Projektleiterin Sherin Khankan „sehr zufrieden“: „Wir waren selbst verblüfft über das hohe Kompetenzniveau der Arbeitssuchenden. Und besonders erfreut darüber, dass die Vermittlung auch tatsächlich funktioniert.“ Es seien vor allem kleine und mittlere Betriebe, welche die unkomplizierte Kontaktaufnahme mit Arbeitssuchenden schätzten.

Omarjob war die Idee eines PR-Büros, welches offiziell damit etwas gegen den Unsinn der im Lande brachliegenden Kompetenz machen will, während Dänemark gleichzeitig aus Polen und den baltischen Ländern händeringend Ärzte und Techniker anzuwerben versucht. Das Büro will aber natürlich mit dieser Initiative auch demonstrieren, welch perfekte Internettechnik die eigene Firma produzieren kann. Außerdem wird man von verschiedenen Unternehmen gesponsert – die dafür ebenfalls namentlich genannt werden – und hat rund 65.000 Euro Staatsmittel bekommen, um an den Start gehen zu können: Die Förderung im Lande befindlicher ausländischer Arbeitskraft passt durchaus auch in das Konzept der neuen Rechtskoalition, die ansonsten die Türen vor Neueinwanderung möglichst dicht halten will.

Tipps, wie man sich vorteilhaft präsentiert, was zu einem Lebenslauf gehört, Artikel zu Arbeitsmarktfragen, wie man sich verhalten soll, wenn der Personalchef nach Religion, familiärem Hintergrund oder dem Tragen des Kopftuchs fragt, beantwortet die spezielle und zeitgleich eröffnete Internet-Wissensbank „Vorstellungsgespräch“ (www.jobsamtalen.dk). Sie richtet sich gleicherweise an AusländerInnen wie ArbeitgeberInnen. „Das ist eine Situation, die sowohl für Neudänen wie für Personalchefs oft ungewohnt ist“, meint Torben Møller Hansen, Vorsitzender des Initiators, der Einwandererorganisation „Vereinigung Neudänen“: „Wir wollen Werkzeuge liefern, diese Probleme von vornherein zu entschärfen.“ REINHARD WOLFF

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