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Nazi-Gesetz macht heimatlos

Streit zwischen orthodoxen Gläubigen: Wem gehört eine Zwiebelkirche in Dresden?

DRESDEN taz ■ Nur scheinbar unverändert geht das Gemeindeleben weiter in der hübschen russischen Kirche in Dresden mit ihren blauen Zwiebeltürmen. Jeden Tag aber könnten „Glaubensbrüder“ aus München vor der Tür stehen und die Kirchenschlüssel verlangen. Denn es gibt ein vorläufig vollstreckbares Räumungsurteil des Oberlandesgerichts Dresden.

Wie konnte es dazu kommen? Das ist eine verwickelte Geschichte, die schon bei der Oktoberrevolution beginnt. Nach dem Sieg der Bolschewiki entstand eine orthodoxe Exilkirche. Sie spaltete sich jedoch: Ein Flügel blieb weiterhin dem Moskauer Patriarchat treu, ein anderer erklärte sich autonom. Diese unabhängige so genannte Auslandskirche gab sich nach der Machtübernahme der NSDAP als ausgesprochen führertreu. Hitler bedankte sich 1937 mit einem Ermächtigungsgesetz, das russischen Kirchenbesitz enteignete und auf die Auslandskirche überschrieb.

Die Sowjetische Militäradministration annullierte 1948 diese Enteignungen. Man vergaß jedoch die Korrektur im Grundbuch, was der russisch-orthodoxen Gemeinde in Dresden nun zum Verhängnis wird. Denn die Auslandskirche, in München und New York ansässig, klagte schon 1991 darauf, dass die Dresdner Kirche ihr gehöre. Bereits 1994 bestätigte das Oberlandesgericht ihr Eigentumsrecht – und damit ein Nazi-Gesetz. In einem zweiten Verfahren verneinte das OLG jetzt auch ein mögliches Nutzungsrecht.

Es sind vor allem Spätaussiedler, die das Urteil nicht begreifen können. „Die Kirche ist wie eine kleine Erde für uns!“, sagt Swetlana Döhler, die seit 1975 in Dresden lebt. Erzpriester Georgi Dawidow verstehen nicht, dass „fortgesetztes Nazi-Unrecht“ die inzwischen tausendköpfige Gemeinde ignoriert. Wolfgang Schälike, Leiter des Deutsch-Russischen Kulturinstitutes in Dresden, spricht ganz offen von „alten antirussischen Ressentiments“. Swetlana Döhler kündigt an: „Wir werden kämpfen! Das Gute siegt immer!“

MICHAEL BARTSCH

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