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Rettungsanker Titanic

Das ultimative Ende der Stella-Musicals ist perfekt: Die Konkurrenz von der Stage Holding übernimmt auch die Neue Flora. Für „Mozart“ fiel der letzte Vorhang. Die meisten Jobs sollen erhalten bleiben, die Stella-Häuser werden umgebaut

von PETER AHRENS

Die Geschichte der Stella-Musicals in Hamburg ist vorbei. Am Sonntag wurden das letzte Mal in der Neuen Flora „Mozart“-Arien geschmettert. Gestern gab der Hauptkonkurrent Stage Holding die Übernahme des Theaters bekannt. Gleichzeitig wird die Stage auch die Stella-Häuser in Stuttgart und Berlin unter eigener Regie weiterführen. Die meisten der 950 MitarbeiterInnen der insolventen Stella wechseln ebenfalls unters Stage-Dach.

Anstelle von Mozart wird ab Dezember die Saga von der sinkenden Titanic in der Flora gespielt – und Geschäftsführer Maik Klockow war gestern eifrig bemüht, keinerlei Vergleiche zwischen dem Untergang des Luxusliners und der Musical-Branche aufkommen zu lassen. „Ich bin nicht angetreten, Theater zu schließen“, hält er den Musical-Markt weiterhin für zukunftsträchtig. So steckt die Stage in den kommenden sechs Monaten allein zehn Millionen Euro in die Umgestaltung von Neuer Flora und Operettenhaus an der Reeperbahn, „damit sich die Leute in diesen Theatern wieder wohlfühlen“. Die Innenausstattung beider Häuser steht seit längerem in der Kritik, hier werde die Stage Holding, das Unternehmen des niederländischen Entertainment-Moguls Joop van der Ende, schwerpunktmäßig ansetzen.

„Cats“ und „Phantom der Oper“, die beiden früheren Hamburger Erfolgsmusicals, werden auch unter dem Dach der Stage weiterlaufen, kündigt Klockow an: Die Katzen tanzen ab Oktober im Theater am Potsdamer Platz in Berlin, das Phantom treibt ab November in Stuttgart sein Unwesen. Auf diese „Klassiker“, so Klockow, werde man nicht verzichten können. Dagegen hat der deutsche Musical-Marktführer kein Interesse mehr an der Fortsetzung des „Starlight Express“ in Bochum. Der Standort im Ruhrgebiet wird aufgegeben, falls sich kein anderer Investor für das Rollschuh-Musical findet.

Klockow dementiert, dass mit dem Niedergang der Stella auch das Ende des Musical-Platzes Hamburg eingeläutet ist. „Wir haben weiterhin großes Interesse an diesem Standort“, sagt er, so setze man große Hoffnungen auf das ABBA-Musical „Mamma Mia“, das ab November an der Reeperbahn gezeigt wird.

Dann soll auch ein Großteil der bis zuletzt unter dem Stella-Etikett arbeitenden Beschäftigten wieder im Einsatz sein. Mit der Gewerkschaft ver.di wurde Einigkeit erzielt, dass die Stella-MitarbeiterInnen, die nicht nur für ein spezielles Stück engagiert wurden, ihre Jobs behalten. Klockow bekundete in diesem Zusammenhang „großen Respekt vor der Mitarbeitervertretung, die mit fast schon beschämenden Angeboten aufgewartet“ hätten. So habe der Betriebsrat für den Erhalt der Arbeitsplätze Gehaltsverzicht von bis zu 40 Prozent angeboten. Klockow: „Das haben wir abgelehnt.“

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