: Ein Feuerwehrmann als Brandstifter
Leonard Gregg brauchte Arbeit und verursachte den größten Waldbrand in der Geschichte Arizonas
Es war eine etwas eigenwillige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, mit der Leonard Gregg einen Job zu bekommen hoffte. Nur ein kleines Feuer wollte der 29-jährige Teilzeitfeuerwehrmann legen, durch den Löscheinsatz ein wenig Geld verdienen und durch seinen heldenhaften Einsatz vielleicht sogar eine Festanstellung bei der Feuerwehr ergattern. Was am 18. Juni als eine kleine Zündelei geplant war, weitete sich in den vergangenen Tagen zum größten und verheerendsten Walbrand in der Geschichte des US-Bundesstaates Arizona aus. 160.000 Hektar Land wurden vernichtet, 423 Häuser zerstört, 30.000 Menschen aus den Gemeinden um die Stadt Show Low mussten evakuiert werden.
Zwei Wochen wütet das Feuer nun schon, am Sonntag hatte die Feuerwehr erst 35 Prozent des Brandes unter Kontrolle. Gregg muss dafür mit bis zu 10 Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 500.000 Dollar rechnen. Stiefelabdrücke am Brandherd hatten ihn entlarvt sowie die Aussagen einer Frau, der Gregg kurz nach seiner Brandlegung mitgeteilt hatte, er müsse dringend nach Hause, um einen Einsatzbefehl der Feuerwehr abzuwarten. Zu dem Zeitpunkt war der Brand jedoch noch gar nicht gemeldet.
Gregg war nicht immer so ambitioniert. Nach der neunten Klasse brach er die Schule ab und arbeitete seitdem als Teilzeitangestellter im Bundesbüro für Indianerangelegenheiten im Fort-Apache-Indianerreservat. Dort sind die Zeiten hart: 60 Prozent der Bewohner sind arbeitslos, und selbst dem allein stehenden und kinderlosen Gregg brachte der Job als Gelegenheitsfeuerwehrmann nicht genug ein.
Doch mit dem Traum von einem besseren Job zerstörte Gregg auch die wichtigste wirtschaftliche Einnahmequelle seines Stammes. Die Apachen in diesem Gebiet leben hauptsächlich von der Holzindustrie, die jährlich 30 Millionen Dollar in die Reservatskassen fließen lässt.
Unter den Apachen, von denen viele selbst als Feuerwehrmänner arbeiten und an der Bekämpfung des Brandes beteiligt waren, ist das Entsetzen groß, dass ausgerechnet „einer von ihnen“ für die Katastrophe verantwortlich sein soll. Die Reservatsbewohner fühlen sich betrogen, ein Teil der weißen Bevölkerung sieht sich bestätigt: Schon Tage vor der Verhaftung Greggs hatten weiße Anwohner die Apachen beschuldigt, das Feuer selbst gelegt zu haben. Dass sich eine solche rassistisch gefärbte Anschuldigung als wahr herausstellt, ist für die Apachen besonders bitter. „Alles, was ich weiß, ist, dass unser wunderschönes Land verwüstet wurde und viele ihr Zuhause verloren haben“, so Dallas Massey, Stammesoberhaupt der White-Mountain-Apachen. „Wir sind alle geschockt und leiden wie jeder andere Bürger auch.“
Doch Leonard Gregg ist kein Einzelfall. Am 16. Juni, nur zwei Tage vor Greggs Brandstiftung, wurde eine Forstangestellte angeklagt, den größten Waldbrand in der Geschichte Colorados absichtlich verursacht zu haben. Sie hatte gehofft, dadurch zur Aufklärungsexpertin für Brandstiftungen befördert zu werden. Leonard Gregg ist für die Betroffenen des Waldbrandes in Arizona der Verursacher einer verheerenden Katastrophe. Für manche wird er aber wohl auch zum Vorbild: Am Samstag, dem Tag von Greggs Verhaftung, entdeckte die Feuerwehr bereits ein neues absichtlich gelegtes Feuer nahe Show Low. ALENA SCHRÖDER
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