: Die Schlossbefürworter gehen mit Zuversicht in die Debatte
Allianz und Deutsche Bank wollen sich finanziell beteiligen, wenn die barocke Fassade wieder entsteht. Das wird voraussichtlich eine Mehrheit der Abgeordneten überzeugen
Die Entscheidung war denkbar knapp. Mit nur einer Stimme Mehrheit beschloss die Kommission „Historische Mitte Berlin“ im Dezember vergangenen Jahres, den Deutschen und den Berlinern wieder ein Stadtschloss zu schenken. Dabei soll an drei Seiten die barocke Fassade des 1950 gesprengten Preußenschlosses wieder aufgebaut werden. Nur nach Osten hin, dort also, wo noch die Reste der Palastes der Republik stehen, wird eine moderne Lösung angestrebt.
Morgen entscheidet nun der Bundestag, ob die Empfehlung der international besetzten Kommission unter Leitung des Österreichers Hannes Swoboda tatsächlich in die Realität umgesetzt wird. Unstrittig ist nur das vorgeschlagene Nutzungskonzept, eine Kombination aus den außereuropäischen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, einer neuen Zentral- und Landesbibliothek sowie einem Ausstellungsbereich. Eine Mehrheit für dieses „Humboldt-Forum“ gilt bei der Abstimmung als sicher.
In der zentralen Frage stehen die Bundestagsabgeordneten jedoch vor zwei Alternativen: Ohne Fraktionszwang können sie entweder für das Votum der Kommission und damit für die barocke Fassade stimmen – oder aber für einen zusätzlichen Architektenwettbewerb, in dem dann die künftigen Nutzer über die Gestaltung befinden. So sieht es jedenfalls ein von SPD, Grünen und FDP im Kulturausschuss des Bundestages beschlossener Antrag vor.
Die Schlossbefürworter gehen inzwischen voller Zuversicht in die Plenardebatte. Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin etwa sieht bereits „eine relative, aber stabile Mehrheit“ für den Wiederaufbau des Schlosses. Es dürfe aber keine Illusionen bei der Finanzierung geben.
Bislang galt es als Trumpf der Schlossgegner, dass die Frage der Finanzierung völlig ungeklärt war. Noch am Tag der Entscheidung der Expertenkommission sprach der Präsident der Bundesarchitektenkammer, Peter Conradi, nicht nur von einer „mutlosen und rückwärts gewandten Entscheidung“, er gab auch zu bedenken: „Die Steuerzahler im Rheinland und in Hessen, in Bayern und Thüringen, in Baden-Württemberg und Sachsen würden es nicht verstehen, wenn Berlin sein Schloss aus Steuermitteln des Bundes bezahlen ließe.“
Auf diese Steuerzahler kommt es jetzt offenbar weniger an als bislang gedacht. Dem Vernehmen nach haben die Allianz-Stiftung und die Deutsche Bank signalisiert, sich an der Finanzierung eines Neubaus zu beteiligen – allerdings nur, wenn auch die barocke Fassade entsteht. Damit gilt vor allem bei CDU und FDP ein mehrheitliches Votum für das Schloss als sicher.
Weitaus weniger einig sind sich die anderen Fraktionen. Innerhalb der SPD werden viele dem Votum des Kulturstaatsministers und auch des erklärten Schlossfans Gerhard Schröder folgen. Bei den Grünen wiederum, so glaubt die Abgeordnete Franziska Eichstädt-Bohlig, werden die meisten Abgeordneten für einen Architekturwettbewerb stimmen – trotz des Schlossengagements der grünen Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer. Nur die PDS steht noch immer nahezu geschlossen gegen einen Wiederaufbau.
Öffentlicher Widerstand indes regt sich vor der entscheidenden Abstimmung am morgigen Donnerstag kaum. Einzig die Bundesarchitektenkammer hat sich erneut gegen eine Schlosskopie gewandt. „Ein Verfahren, bei dem das Ergebnis vorprogrammiert wäre“, heißt es in einer Resolution, der sich auch alle Länderarchitektenkammern angeschlossen haben, „entspräche nicht den Prinzipien des offenen geistigen Leistungswettbewerbs und den Grundlagen unserer demokratisch verfassten Gesellschaft.“ UWE RADA
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