: Müllentsorger für 40 Millionen entsorgt
Die Berliner Wasserbetriebe verkaufen Müllverwertungsanlage in Schwarze Pumpe für einen Euro an die Nord GB, schieben dem Neueigentümer noch 40 Millionen für Sanierung nach und übernehmen zudem weitere Risiken
Von wegen Teuro. Für nur einen Euro soll das Müllverwertungszentrum Schwarze Pumpe (SVZ) über den Ladentisch gehen. Damit müssen sich die Berliner Wasserbetriebe (BWB) zufrieden geben, um den hoch defizitären Betrieb in der Nähe der brandenburgischen Stadt Spremberg an die Hamburger Firman Nord GB los zu werden. Die BWB hatten nach langer Minusbilanz genug vom Müllgeschäft und suchten seit einiger Zeit einen Käufer. Allein in diesem Jahr macht das SVZ 50 Millionen Miese.
Viel sparen werden die Wasserbetriebe trotz des Verkaufs vorerst nicht. Denn 40 Millionen Euro bekommt die Nord GB noch für Sanierung mit auf den Weg. Zudem übernimmt die BWB weitere Haftungsrisiken und die bisherigen Schulden. Eine schuldenfreie Übernahme hatten alle Kaufinteressenten gefordert.
Die 40 Millionen werden in Häppchen überwiesen, die ausschließlich für Investitionen in Schwarze Pumpe verwendet werden dürfen. Des Weiteren müssen die BWB die Vertragserfüllungsbürgschaften übernehmen. „Diese garantieren über einen Zeitraum von weit über zehn Jahren, dass zum Beispiel der Hausmüll von Dresden im SVZ entsorgt wird“, erklärt BWB-Sprecher Stephan Natz. Löst die Nord GB diese Verträge, bluten die Wasserbetriebe dafür.
Zustimmen muss dem Geschäft noch die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS). Denn die Treuhand-Nachfolgegesellschaft hatte das SVZ 1995 an die Berliner Wasserwerke verkauft. Die BvS prüft ab heute die Kaufverträge. Die Hamburger rechnen jedoch mit einer schnellen Genehmigung, sagte gestern Gerd Wieland, einer beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Nord GB: „Ich glaube, dass die BvS von unserem Konzept angetan ist und es unterstützt.“
Vorbehalte gegen den Deal gab es sowohl bei den Arbeitern in Schwarze Pumpe als auch bei Berliner Politikern. Die Nord GB hat für verschiedene Auftraggeber Insolvenzen abgewickelt, deshalb fürchtete zum Beispiel die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Felicitas Kubala, die Stilllegung des SVZ. Damit wäre ihrer Meinung nach Berlin von einer Müllflut bedroht worden, weil ab 2005 ein großer Teil des Berliner Abfalls in Schwarze Pumpe verwertet werden soll.
Angst vor den Pleiteverwaltern aus Hamburg hatte auch Betriebsrat Reinhard Hipko. Ihn hatte vor allem die Geheimnistuerei der Nord GB misstrauisch gemacht. „Niemand weiß so richtig, wer dazu gehört“, sagte Hipko der taz. Nach Gesprächen mit der Nord GB geben sich aber Hipko und Kubala optimistischer.
Auch haben sich die Hamburger gestern etwas offener über ihre Firma geäußert. Fünf Unternehmen gehören zur Nord GB, darunter eine Druckerei in Reutlingen und ein Betrieb für Lasertechnik in Magdeburg.
Spätestens bis 2005 will die Nord GB mit dem SVZ schwarze Zahlen schreiben. „Wenn nicht, haben wir ein großes Problem“, sagt Gesellschafter Wieland.
DANIEL SCHULZ
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