piwik no script img

Realpolitisch links

Geboren wurde Volker Beck am 12. Dezember 1960 in Stuttgart-Bad Cannstatt – er ist weder ledig noch verpartnert; mit seinem Freund Jacques lebt er aber in Köln zusammen. Becks politische Laufbahn begann Anfang der 80er-Jahre in der Friedensbewegung. Seit 1994 sitzt er für die Bündnisgrünen im Bundestag; seither ist er auch deren Rechtspolitischer Sprecher. Darüber hinaus koordiniert er den Arbeitskreis Innen, Recht, Frauen, Jugend und Petitionen – womit er zu den einflussreichsten Personen in seiner Fraktion zählt.

Zur Schwulenbewegung stieß er Mitte der Achtziger Jahre. 1987 wurde er zum Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule. Die Wahl fiel auch deswegen auf diesen als akribisch geltenden Jungpolitiker, nachdem – von heterosexuellen Parlamentsgrünen – hinter vorgehaltener Hand Unmut gegen den aus Hessen in den Bundestag rotierten Herbert Rusche geäußert wurden.

Für eine Partei mit Machtanspruch sei nicht hinnehmbar, dass das Politikfeld Homosexualität von einem Mitglied prominent vertreten wird, der konzeptionell keine politischen (wohl aber lifestyligen, im Sinne von „wärmer leben“), also keine legislativen Vorschläge macht.

Beck (und mit ihm sein Mitstreiter Günter Dworek, heute Sprecher für Homobelange bei den Bündnisgrünen) war anfänglich ganz und gar gegen das Projekt Homoehe; wie es der Zeitgeist nahe legte, argumentierte er, dass die Ehe (die verpönte) Bürgerlichkeit festige – und deshalb von den Grünen abzulehnen sei.

Der (politisch profilierende) Sinneswandel stellte sich erst Anfang der Neunzigerjahre – und mit dem Kontakt zum Homoflügel der DDR-Bürgerrechtsbewegung ein: Dessen mit dem Mauerfall gegründeten Schwulenverband Deutschland (SVD, heute LSVD) trat Beck bei – und wurde alsbald auch der Chef des sich selbst als Lobby- und Bürgerrechtsgruppe verstehenden Vereins. DDR-geprägte Homosexuelle hatten keinen Sinn für die auf Identitätspolitik (und nicht auf Erringung gleicher Rechte) getrimmten Teile der BRD-Homobewegung.

Seit 1990 kandidiert der nach Köln eingewanderte Beck im innerstädtischen Bundestagswahlkreis von Köln. 1994 erzielte er das beste Erststimmenergebnis für seine Partei in Nordrhein-Westfalen, 1998 das beste Zweitstimmenresultat (16 Prozent) in diesem größten Bundesland.

Den Unterschied zwischen Köln und Berlin sieht Beck so: „Vor allem atmosphärisch. Köln ist entspannter und lustiger, Berlin hat das bessere kulturelle Umfeld.“ Und: „In Köln feiern selbst politische Gegner zusammen – das scheint mir in der Hauptstadt undenkbar.“

Beck, der während der rot-grünen Regierungszeit auch als politischer Anwalt in den Verhandlungen zur Entschädigung von Zwangsarbeitern aktiv war, hat den Bündnisgrünen mit der Durchsetzung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft („Homoehe“) im Bundestag einen der größten Erfolge gesichert. Selbst Bundeskanzler Gerhard Schröder wusste dies mehrmals öffentlich zu würdigen, obwohl er den Parlamentskollegen wegen dessen Uneinnehmbarkeit in männerbündlerische Kommunikationen nicht sehr schätzt.

Das Verfassungsgerichtsurteil zur Homoehe wird am 17. Juli in Karlsruhe verkündet. JAF

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen