: „Eine Art Modernisierungspakt“
Unternehmensberater Stephan Krüger über die Finanzierung seines Alternativkonzepts zur Sanierung des Haushalts, seine guten Erfahrungen mit Mitarbeiterbeteiligungen und die Motivation durch mehr Einfluss der Angestellten
taz: Herr Krüger, in Ihrem Alternativkonzept zur Berliner Politik, mit der die Hauptstadt auf eine so genannte rote Null kommen soll, schlagen Sie eine aktive Wirtschaftspolitik vor. Zugleich wollen Sie auf Einsparungen verzichten. Beides zusammen kostet bis 2006 rund 6,3 Milliarden Euro brutto. Wie wollen Sie das finanzieren?
Stephan Krüger: Wir machen mit der Studie deutlich, dass eine nachhaltige Konsolidierung des Berliner Haushalts nicht über die Ausgabenseite allein zu finanzieren ist. Die Politik muss aktiv eingreifen, um zu verhindern, dass die Basis für Wertschöpfung und Arbeitsplätze und damit letztlich auch für Einnahmen verloren geht. Die Finanzierung wird nicht ohne Bundeshilfen, also eine Teilentschuldung zu machen sein. Das ist in Berlin inzwischen ja auch weitgehend Konsens. Wir halten es aber für möglich, zusätzliche Potenziale durch eine Reform des öffentlichen Sektors zu erschließen.
Wie hoch sind nach Ihren Berechnungen diese Potenziale?
Wir gehen von einer Zielvorgabe von rund 4 Milliarden Euro bis 2006 aus.
Und wie wollen Sie die konkret einsparen?
Der größte Teil muss sicherlich über die Ausgliederung von Bereichen des öffentlichen Sektors aufgebracht werden.
Also durch weitere Privatisierungen?
Für bestimmte Bereiche und Betriebe, ja. Bei den sozioökonomischen Dienstleistungen sollte man auf gemeinwirtschaftliche Träger setzen – hier muss durch entsprechende Subventionen gesichert werden, dass Familien mit geringerem Einkommen keine Nachteile entstehen. Diese Mehrausgaben haben wir bei der Finanzierungsrechnung mit berücksichtigt.
Was bedeutet die Umstrukturierung des öffentlichen Sektors für die Arbeitsplätze?
Wir unterscheiden zwischen den Bereichen, in denen Vorleistungen für Unternehmen oder für Privathaushalte erbracht werden, und anderen wie der reinen Verwaltung. Bei Ersteren muss man sehen, was ausgegliedert werden kann. Letztere sind durch gesetzliche Regulierungen und ineffiziente Abläufe teilweise sehr ausladend.
Der gängige Ansatz ist, hier Deregulierung und einfache Marktsteuerung zu fordern. Wir plädieren dafür, die einzelnen Regulierungen zu überprüfen und womöglich neu zu formulieren. Sicher werden dabei auch einige wegfallen. Im Saldo wird man mit weniger Leuten auskommen können. Wir schätzen das Potenzial auf rund 10.300 Stellen.
Wie wollen Sie das den Gewerkschaften verkaufen?
Wenn wir es hinbekommen, tatsächlich eine Diskussion über neue Formen von Arbeitsteilung zwischen privaten, gemeinwirtschaftlichen und öffentlichen Strukturen zu führen, könnte sich daraus eine Art Modernisierungspakt ergeben, der beispielhaft für vergleichbare Regionen wäre. Wichtig ist, dass über Konzepte diskutiert und nicht über die einseitige pauschale Absenkung von Entgelten verhandelt wird. Es muss um strukturelle Veränderung gehen.
Ausgliederungen und neue Trägerschaften bedeuten für die Beschäftigten aber meist mehr Verantwortung und mehr Risiko.
Als Unternehmensberater habe ich gute Erfahrungen mit Mitarbeiterbeteiligungen gemacht. Wenn es gelingt, den Beschäftigten über solche Modelle Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftspolitik sicherzustellen, kann sie das sehr motivieren. Nicht nur dazu, diesen Weg erst einmal zu gehen, sondern auch, sich besonders zu engagieren.
INTERVIEW: BEATE WILLMS
Stephan Krüger ist Volkswirt und arbeitet als Unternehmensberater in Berlin. Er gehört seit Anfang der 90er-Jahre zum Arbeitskreis Regional Consulting.
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