ISRAEL: KEINE GLEICHBERECHTIGUNG FÜR ALLE STAATSBÜRGER: Scharons Regierung will araberfreie Zonen
Israels Justizminister Meir Schitrit hat sicher Recht, wenn er sagt, dass es Gruppen im Land gibt, die gern unter sich bleiben würden. Das Beispiel der Beduinen, das Schitrit anführt, hinkt jedoch. Dass kein jüdischer Israeli freiwillig in die unterentwickelte Wüste Negev zieht, wo die ehemaligen Nomaden heute leben, liegt nicht daran, dass er dort nicht freundlich aufgenommen würde. Umgekehrt wählt kaum ein israelischer Araber – allerdings eher aus ideologischen Gründen – einen Kibbuz zu seinem Heim. Entscheidend ist, dass beide Seiten die Möglichkeit dazu haben sollten.
Von staatlicher Seite zu bestimmen, wer wo leben soll – wie es nun ein Beschluss des israelischen Kabinetts vorsieht – ist nichts anderes als Rassismus. Nicht um Vorschriften für beide in Israel lebenden Völker geht es, sondern um eine Beschränkung nur für Araber. Die Regierung befürwortet die Einrichtung von araberfreien Zonen – nicht mehr und nicht weniger. Dabei darf man sich nicht von Assoziationen in die Irre führen lassen: Es geht hier weder um eine geplante Umsiedlung noch gar um Völkermord. Dennoch würde, sollte das Gesetz vom Parlament ratifiziert werden, die ohnehin benachteiligte Minderheit, die heute ein Fünftel der Bevölkerung ausmacht, weiter diskriminiert.
Das Vorhaben steht nicht allein. Besonders schmerzlich traf die arabische Bevölkerung das erst im Mai verabschiedete Gesetz, das kinderreichen Familien, deren Väter nicht in der Armee dienen, die staatlichen Zuwendungen kürzt. Eine Reform, die auch das ungleich hohe Bevölkerungswachstum unter den Arabern aufhalten soll. Bis zum Jahr 2020, so warnen Demografen, würde bei gleichbleibender Geburtenrate die arabische Bevölkerung auf ein Drittel angewachsen sein. Aber die Vermischung religiöser und politischer Ziele zeigt sich auch bei ganz banalen Angelegenheiten, in dieser Woche etwa bei der Verkürzung der Sommerzeit um drei Wochen aus nur einem Grund: den frommen Juden im Land die Fastenzeit am Jom Kippur um eine Stunde täglich zu verkürzen.
Die Frage, ob der Staat jüdisch oder demokratisch sein soll, wird immer deutlicher gestellt. Die Regierenden scheinen ihre Antwort darauf bereits gefunden zu haben. SUSANNE KNAUL
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