: Stars für Schröder?
Verwirrung um die Auftritte von Teeniestars Sasha und Smudo für die SPD. Kampagne „Wir für Schröder“ beginnt
BERLIN taz ■ Die Produktionsfirma des HipHop-Musikers war ratlos: Was, Smudo soll die SPD im Wahlkampf unterstützen? Davon hatte man bei „Four Music“ in Stuttgart noch nie etwas gehört. Ebenso erstaunt reagierte das Management von Popsänger Sasha. Auch dort wusste man nichts davon, dass der Teenie-Star für den Kanzler werben soll.
Dabei hatte der Spiegel gemeldet, dass „Sasha und Smudo für Schröders Wahlsieg sorgen“ wollen – mit Konzerten und dem Unterzeichnen von Wahlaufrufen. Doch auch die SPD dementierte gestern kategorisch. „Es gibt keine Absprachen“, sagte eine Sprecherin. „Wir wissen nicht, wie dieser Bericht zustande kommt.“
Wie wahr oder falsch die Meldung sein mag, sie klingt zumindest plausibel, hätte nur zu gut ins Kalkül gepasst. Denn eine Unterstützer-Initiative für den Kanzler gibt es schon. „Wir für Schröder“ fiel bisher vor allem mit einer Anzeige auf: 22 Prominente warben für eine „zweite Halbzeit für Gerhard Schröder“. Unterschrieben hatten etwa Iris Berben, Senta Berger oder Jürgen Flimm. Sie sind durchaus bekannt, auch beliebt, haben aber einen Nachteil: Sie sind nicht jung. Es ist nicht zu vermuten, dass sie die 3,3 Millionen Erstwähler für die SPD begeistern können. Was fehlt, sind genau jene Teenie-Konzerte, von denen der Spiegel berichtet hat.
Stattdessen setzt sich der Literat und Nobelpreisträger Günter Grass erneut für die SPD ein. Er war schon 1969 dabei, als diese Form der Parteienwerbung erfunden wurde. „Damals war das etwas Überraschendes, dass sich Prominente outen und mit einem Parteibutton herumlaufen“, analysiert der Göttinger Parteiforscher Franz Walter. „Heute ist es zwar ein guter Werbegag, aber nur einer unter vielen.“
Ende der 60er überzeugte nicht nur das Neue, sondern auch die Breite der Unterstützung. So gaben sich etwa die zwei wichtigsten Showmaster – Hans Joachim Kuhlenkampf und Peter Frankenfeld – als SPD-Wähler zu erkennen; ebenso offensiv warben die Kriminalkommissare „Der Alte“ und „Derrick“ alias Siegfried Lowitz und Horst Tappert für eine sozialdemokratische Wende. Und da das öffentlich-rechtliche Fernsehmonopol noch unangetastet war, kannte und verehrte sie fast jeder: Ihre Sendungen erreichten oft 80 Prozent der Zuschauer.
Die Botschaft war, so Walter, „dass sich die SPD mit dem Zeitgeist deckte“. Diese Stimmung hielt allerdings nicht lange an, verflüchtigte sich schon unter Helmut Schmidt, kannte nur noch einen anderen Höhepunkt: als Franz Josef Strauß 1980 als CSU-Kanzlerkandidat antrat. Da versammelte sich die Kulturszene noch einmal unter dem Banner der SPD.
Bedauerlich für die SPD: Der jetzige CSU-Kandidat löst anscheinend kein Bedrohungsgefühl aus. „Es geht zwar auch im Duell zwischen Stoiber und Schröder um das kulturelle Lebensgefühl, aber kaum jemand fürchtet ein Rollback“, sagte Walter der taz. ULRIKE HERMMANN
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