Gentechnik im Wahlkampf umstritten

Teil der Grünen möchte gerne mehr, Parteispitze hat noch nichts geplant. Neue BUND-Kampagne gestartet

BERLIN taz ■ Bündnis 90/Die Grünen sind sich nicht einig, wie sie das Thema Genfood im Wahlkampf angehen. Die Partei steht dafür, dass Gentechnik im Essen nichts zu suchen hat. Und stimmt darin mit 80 Prozent der Deutschen und damit der Wähler überein. Dementsprechend liegt nahe, was Uwe-Jürgen Ness, der Gentechnik-Experte der Bündnisgrünen, vorschlägt. „Wir müssen das Thema Gentechnik und Lebensmittel zum Wahlkampfthema machen“, sagte er gestern der taz. Damit setzt er andere Prioritäten als die Parteispitze. Das Thema kommt zwar im Wahlprogramm vor, doch rund 70 Tage vor der Bundestagswahl hat sie noch keine Aktionen zur Gentechnik geplant.

In der letzten Zeit hatten die Kämpfer gegen Schokoriegel oder Kuchen mit gentechnisch verändertem Soja Pech: BSE, Nitrofen und Hormonschweine – Verbraucherministerin Renate Künast hat sich kaum darum gekümmert, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel nicht auf den Teller kommen.

Nun plant die Europäische Kommission neue Kennzeichnungspflichten, über die Künast noch vor der Bundestagswahl mit ihren europäischen Kollegen entscheiden muss, zum Beispiel für Futtermittel. Der Haken: Futtermittel, die bis zu einem Prozent mit Genpflanzen vermischt sind, müssen laut dem Kommissionsentwurf nicht gekennzeichnet werden.

Und bis dahin werden auch die Wähler über die Brüsseler Pläne informiert sein: Mit einem acht Meter hohen Riesen-Maiskolben startete gestern der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) eine landesweite Kampagne in Berlin. Die Vorsitzende Angelika Zahrnt sagte: „Die Genkonzerne sind bisher weder willens noch in der Lage, ihr unerwünschtes Angebot separat zu vermarkten. Dafür dürfen sie nicht mit einem Freibrief zur Verunreinigung aller Lebensmittel belohnt werden.“ Werde Genfood nicht ausnahmslos gekennzeichnet, könne der Verbraucher sich nicht dafür oder dagegen entscheiden. Der BUND wird vor dem 22. September durch rund 50 Städte von Kiel bis Konstanz und von Mainz bis Dresden touren.

Unterstützt wird die Aktion von prominenten Schauspielern, Musikern und Köchen. Der Komiker Dirk Bach etwa meint: „Politik ist für die Menschen da, nicht für die Industrie. Deshalb: Die Verbraucher schützen, nicht die Gentechnikindustrie.“ Der Umweltverband hat das Thema besetzt, die Grünen noch nicht. HANNA GERSMANN

BUND-website: www.no-genfood-tv.de