EU-Präsident vom Parlament wählen

Aus dem europäischen Konvent kommen Anstöße: EU-Parlament soll wählen und eine neue Außenpolitik finden

BRÜSSEL taz ■ Der Konvent begehrt auf. Das zur Reform der Verfassung der Europäischen Union eingerichtete Gremium forderte gestern, den Kommissionspräsidenten in Zukunft vom Europaparlament wählen zu lassen. 41 Mitglieder des Konvents haben einen offenen Brief unterschrieben – allen voran Peter Glotz (SPD), der von der Bundesregierung entsandte Delegierte im Konvent.

Mit ihrem Vorschlag antworten die Konventsmitglieder auf einen Vorstoß der britischen, französischen und der spanischen Regierung. Sie hatten vorgeschlagen, einen permanenten Präsidenten für den Europäischen Rat zu wählen – aus der Mitte der EU-Staatschefs. Bisher wechselt die Ratspräsidentschaft alle sechs Monate. Die 41 Konventsmitglieder rufen nun dazu auf, diese Frage im Konvent zu diskutieren – da nämlich, „wo sie hingehört“. Sie fordern im Gegenzug eine Stärkung der Kommission – und ihres Präsidenten.

„Es muss eine Balance geben“, erläuterte gestern Peter Glotz. Das Schwergewicht sollte seiner Meinung nach aber der Kommissions- und nicht der Ratspräsident sein. „Am liebsten wäre mir natürlich ein Kommissionspräsident, der nur zum Telefon greifen muss und gleich den US-Präsidenten am Apparat hat.“

Die konkreten Vorschläge zur Stärkung des Kommissionspräsidenten sind etwas bescheidener: Künftig soll er sein Kollegium selbst zusammenstellen können und die Mitgliedstaaten nur zu Rate ziehen. Sogar die genaue Anzahl der Kommissare soll er bestimmen dürfen. Bislang hat jedes Mitgliedsland Anspruch auf mindestens einen dieser Posten, spätestens nach der Erweiterung der EU auf 25 dürfte das zum Problem werden.

Glotz unterstützte einen Vorschlag des jetzigen Kommissionspräsidenten Prodi, in Zukunft 10 bis 12 „Superkommissare“ mit übergreifenden Ressorts einzusetzen. Diese Idee war aber bei den kleineren Mitgliedsländern auf heftige Ablehnung gestoßen. Sie befürchten, dass die großen Staaten die Superressorts unter sich aufteilen. Glotz begegnete dem Einwand mit einem Rotationsmodell.

Außerdem schlug Glotz in der gestrigen Konventssitzung eine weit gehende Reform der EU-Außenpolitik vor. Bislang hat die EU dafür zwei Repräsentanten: Außenkommissar Chris Patten und den Hohen Vertreter des Rates, Javier Solana. Künftig, so die Idee der Bundesregierung, soll es dafür nur noch einen Kopf, aber „zwei Hüte“ geben: Je nachdem, ob der neue EU-Repräsentant für die Kommission oder den Rat der Mitgliedsstaaten auftritt, soll er den Hut wechseln.

Dadurch, hofft Glotz, ließen sich Kompetenzstreitigkeiten zwischen den beiden Apparaten verringern – ohne dass die Regierungschefs die Außenpolitik ganz an die Kommission abgeben müssten. Denn dazu sei die Mehrheit nicht bereit.

Insgesamt wollen Glotz und seine Konventskollegen in der letzten Sitzung vor der Sommerpause aber ganz klar ein Signal für mehr Integration setzen. Die EU-Skeptiker haben jetzt die Ferien über Zeit, zum Gegenschlag auszuholen. BARBARA SCHÄDER