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Space Park: „Das kann nicht funktionieren“

„Ein Unmaß an Einzelhandelsfläche an untauglicher Stelle“ – als Unternehmensberater schon vor drei Jahren kritisierten, der Gröpelinger Mix aus Entertainment und Shopping werde nicht funktieren, wurden sie als „Miesmacher“ geschmäht – offensichtlich haben sie recht behalten

Trauerspiel Space Park. Noch immer fehlen die „Ankermieter“ für das Großprojekt in Gröpelingen, zudem dürfte das Land Bremen bald für Projektentwickler Köllmann, der sich aus dem Millionengrab zurückziehen will, in die Bresche springen müssen. Schon 1999 wies die Unternehmensberatung Cima in einem Gutachten nach, dass das Konzept des Space Park nicht aufgehen könne. Das verschafft Mario S. Mensing, dem Geschäftsführer des Lübecker Cima-Büros, Genugtuung – aber nur professionelle.

taz: Was war damals ihre Kritik am Space Park-Konzept?

Mario S. Mensing: Wir haben nie die Idee des Space Park selbst kritisiert. Es ging uns vielmehr um das Unmaß an zusätzlicher Einzelhandelsfläche, die in seinem Gefolge an untauglicher Stelle neu entstehen sollte. Hier interessierten uns zwei Dinge: Die Stadtverträglichkeit und die Machbarkeit. Einerseits konnten wir nicht nachvollziehen, dass mit öffentlichen Fördermitteln Umsatzeinbußen in der Bremer City und den Stadtteilzentren subventioniert werden sollten. Andererseits haben wir darauf hingewiesen, dass der Mix aus Entertainment und Einzelhandel so nicht funktionieren kann. Wer einen Freizeitpark besucht und dort durchschnittlich vier bis sechs Stunden verbringt, hat danach keine große Lust mehr, noch zwei Stunden zu shoppen.

Immerhin wird gerade mit Millionenaufwand die Innenstadt renoviert – als „Ausgleichsmaßnahme“ für den Space Park.

Die Aufwertung ist wirtschaftlich vernünftig, da sie vielen Mittelständlern und allen Bürgerinnen und Bürgern zugute kommt. Aber gerade deshalb muss man sich doch fragen, ob es Sinn macht, den Standort City zu Gunsten eines anderen auf der grünen Wiese zu schwächen – mit öffentlichen Geldern.

Warum findet der Space Park keinen Ankermieter?

Die Modewelle „Urban Entertainment Center“, noch vor drei, vier Jahren Trend, ist längst abgeebbt. Bei Multiplex-Kinos spricht die Branche längst von „Overscreening“, bei den Ferienwelten ist zum Beispiel der „PlanetHarz“ nie verwirklicht worden. „Entertainment“ war lange Zeit das Zauberwort, mit dem sich Projektentwickler, Fonds, Banken, ja ganze Teile der Immobilienwirtschaft aufgepusht haben. Das wurde von amerikanischen Zuständen beflügelt, da war viel Geld auf der Suche nach attraktiven Investment-Möglichkeiten. Aber: Wir leben zwar in einer Freizeitgesellschaft, aber auch in einer Zeit rückläufiger Kaufkraft der Privathaushalte. Große Teile des Handels stehen der Kombination von Shoppen und Unterhaltung ohnehin skeptisch gegenüber.

Warum?

Der Handel sagt, wir brauchen kein „Entertainment“, die städtischen Zentren sind unser Entertainment – wenn sie attraktiv gestaltet und verkehrsmäßig gut angebunden sind. Warum eine künstliche Welt schaffen, wenn unsere Städte doch voller Leben stecken – mit Handel, Kultur, Sport, Gastronomie und und und?! „Gestylte“ Center brauchen wir also nicht als Ersatz, sondern nur als Ergänzung zu unseren Städten. Die „Volkswagenstadt“ in Wolfsburg ist so ein Beispiel, wie sich City und Entertainment ergänzen können.“

Was ist denn zur Zeit der Trend für Shopping-Welten?

Es gibt derzeit zwei Entwicklungen. Einmal: Die Renaissance der Innenstädte. Viele Citys werden derzeit nach brachliegenden oder untergenutzten Grundstücken abgescannt. Dort werden intelligente Projekte verwirklicht, die sich in gewachsene Strukturen einfügen. Beispiele: die Clemenz-Galerie in Solingen und vergleichbare Vorhaben in Osnabrück, Siegen oder Bocholt. Die Niederlande sind stadtentwicklungspolitisch schon viel weiter: Rotterdam oder Asterdam verquicken innerstädtisch Unterhaltung, Kunst, Kultur und Handel. Dadurch fließt wieder viel Geld in die Citys.

Und der zweite Trend?

Das ist der, echte neue Stadtquartiere zu erschließen. Dort wird ein „organischer“ Wachstumsprozess planerisch simuliert. Die Folge: Nach der Fertigstellung erscheinen diese Quartiere langjährig gewachsen. Derzeit bieten Bahn, Post oder auch die Bundeswehr riesige Areale in zentralen Lagen zum Verkauf an. Ein großes Projekt ist zum Beispiel der „Europaboulevard“ in Frankfurt am Main. Oder auch der Hochschulstadtteil in Lübeck.

Ist es richtig, dass das Land Bremen versucht, den Space Park mit weiteren Millionen zu retten?

Unser Auftrag ist vorbei – und ich habe keinen Anlass, das zu kommentieren. Von hanseatischen Kaufleuten weiß ich aber, dass sie schlechtem Geld kein gutes hinterher werfen würden.

Für Ihre Studie sind Sie vor drei Jahren als „Miesmacher“ geschäht worden. Wissen Sie, wie man den Space Park retten könnte?

Da halte ich keine klugen Reden. Nur soviel: Bei den Projekten, an denen wir beteiligt sind, versuchen wir unsere Kunden vor gravierenden wirtschaftlichen Fehlschlägen bewahren.

Interview: Kai Schöneberg

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