: Aus der Traum vom Global Player?
Fusion der Stromriesen E.ON und Ruhrgas vorläufig gestoppt. Auch das Jawort von Wirtschafts-Staatssekretär Tacke (SPD) hat nichts geholfen. Gericht verhindert den „Vollzug der Übernahme“ und erklärt den EU-Wettbewerbskommissar für zuständig
von ULRIKE HERRMANN
Es scheint, als hätte die Regierung Schröder stets Pech mit ihrer Wirtschaftspolitik: Holzmann nicht gerettet, Babcock ebenfalls insolvent – und jetzt wird auch noch die Fusion der beiden Energieriesen E.ON und Ruhrgas untersagt. Zumindest bis auf weiteres. Das zuständige Oberlandesgericht in Düsseldorf entschied in einem Eilverfahren, eine „vorläufige einstweilige Anordnung gegen den Vollzug der Übernahme“ zu erlassen. Geklagt hatten die Energiehändler „Ampere“ aus Berlin und „Trianel“ aus Aachen.
Die Fusion von E.ON und Ruhrgas war stets umstritten. Denn es würde ein Energiekonzern entstehen, der über 60 Prozent des deutschen Gasmarkts beherrscht und zusammen mit dem Konkurrenten RWE über 70 Prozent der Stromlieferungen kontrolliert. Das Bundeskartellamt hatte daher die Fusion bereits im Januar verboten – ein seltenes Ereignis. Mehr als 30.000 Firmenzusammenschlüsse hat die Behörde bisher geprüft und nur ganze 133 untersagt.
Aber es gibt ja noch das Instrument „Ministererlaubnis“. Am 5. Juli entschied Wirtschafts-Staatssekretär Alfred Tacke (SPD), sich über das Verbot des Kartellamts hinwegzusetzen – und die Fusion trotzdem zu erlauben. Doch durfte er das? Das Oberlandesgericht Düsseldorf bekundet Zweifel und hält es für möglich, dass eigentlich die EU-Kommission für den Zusammenschluss von E.ON und Ruhrgas zuständig sei. Eine Meinung übrigens, die im Mai auch schon die Monopolkommission vertreten hatte.
Im Bundeswirtschaftsministerium gab man sich gestern erstaunt über die einstweilige Verfügung aus Düsseldorf. Europarechtliche Zuständigkeit? Dann hätte sich ja bereits das Bundeskartellamt die Mühe sparen können, die Fusion zu prüfen und zu untersagen. Dann wäre Brüssel ja von Anfang an zuständig gewesen, argumentieren Tackes Leute.
In der Tat: Die EU-Kommission fühlte sich bisher nicht verantwortlich. Und die europäische Fusionskontrollverordnung legt diese Zurückhaltung auch nahe. Sie sieht eine Entscheidung des EU-Wettbewerbskommissars zwar vor, sobald die fusionierenden Unternehmen einen Gesamtumsatz von mehr als fünf Milliarden Euro machen. Doch gibt es eine Einschränkung: Brüssel ist nicht zuständig, wenn die beteiligten Unternehmen mehr als zwei Drittel ihres Umsatzes im Inland erwirtschaften. Und das trifft sowohl auf E.ON wie auf Ruhrgas zu. Sie sind noch keine Global Player – sondern sollen es durch die Fusion erst werden. Zumindest hofft dies Staatssekretär Tacke.
Allerdings gründete das Oberlandesgericht seine einstweilige Verfügung nicht nur auf europarechtliche Argumente. Wie Sprecherin Claudia Neuhaus am Wochenende ausführte, gab es auch Verfahrensfehler. So sei Tacke bei einer Anhörung durch das Bundeskartellamt nicht anwesend gewesen. Auch diesen Vorwurf versteht die Bundesregierung nicht. Ihre Mitglieder würden nie zu „solchen Anhörungen“ gehen, hieß es.
Bisher hatte man noch keine Gelegenheit, diese Auffassung auch vorzutragen. Das Oberlandesgericht hat die einstweilige Verfügung erlassen, ohne das Bundeswirtschaftsministerium oder E.ON anzuhören. Das soll nachgeholt werden: Für den 24. Juli ist eine mündliche Verhandlung angesetzt. (mit dpa und rtrs)
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