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Bezirke nicht mehr obdachlos

Interne Drucksache: Sozialbehörde organisiert die Hilfe für Wohnungslose neu – auf Kosten des Trägers pflegen und wohnen. Senat gibt Kompetenz weitgehend an die Bezirke ab und will künftig Menschen ohne Wohnung „fördern und fordern“

von PETER AHRENS

Der Senat will die Hilfe für Wohnungslose in der Stadt komplett neu organisieren und auf die Bezirke übertragen. Das geht aus einer vertraulichen Drucksache der Sozialbehörde hervor, die der taz vorliegt. Danach sollen Bedürftige dazu gebracht werden, aktiv bei der Suche nach einer Wohnung mitzuhelfen. Die Hilfe wird, so das Papier, „von einem Versorgungssystem zu einem aktivierenden System einer Hilfe zur Selbsthilfe mit dem Leitgedanken Fördern und Fordern weiterentwickelt“. Die Behörde hofft dadurch, mittelfristig Millionenbeträge im Haushalt einzusparen.

Nach der internen Behörden-Drucksache wird die künftige Hilfe vor allem darauf abzielen, die Heimplätze in öffentlichen Unterkünften, wie sie derzeit von dem öffentlichen Träger pflegen und wohnen (p&w) betreut werden, zu verkleinern oder gar ganz zu schließen. Stattdessen wird angestrebt, Obdachlose in Mietwohnungen unterzubringen: „Die Reduzierung der öffentlichen Unterbringung wird zu einem starken Abbau der Kapazitäten bei p&w führen“, macht das Papier klar. Zudem werde man künftig „bei der Auswahl geeigneter Träger nach betriebswirtschaftlichen Kriterien auch gewerbliche und andere Träger berücksichtigen“. Nach den Negativschlagzeilen, die das p&w-Männerwohnheim an der Berzeliusstraße gemacht hatte – hier war ein Mann gestorben und eine Betreuerin danach wegen unterlassener Hilfeleistung gerichtlich verurteilt worden – hatte Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) angekündigt, das gegenwärtige Hilfesystem zu überprüfen.

Nun hat die Behörde vor, in den sieben Bezirken Fachstellen zu schaffen, die die künftige Unterbringung regeln sollen. Für Obdachlose, die keinem Bezirk zuzuordnen sind, wird eine zentrale Anlaufstelle am Bezirksamt Mitte gebildet. Damit soll, so das Papier, auch „die Zugangssteuerung des Personenkreises inclusive der Vermeidung von Sozialhilfemissbrauch“ gereglt werden. Damit verbunden ist das Ziel der „Reduzierung der Zahl der vor allem in der City auf der Straße lebenden Menschen“ durch Vermittlung in Unterkünfte. Dadurch hofft die Behörde, jährlich drei bis fünf Millionen Euro einzusparen, weil die öffentlich betreuten Unterkunftsplätze weniger werden.

Die MitarbeiterInnen an den Fachstellen sollen durch „aufsuchende Hilfen“ in Not geratenen Menschen helfen, ihre Wohnung zu behalten und Wohnungslosen, eine Unterkunft zu finden. Hierbei spricht das Papier mehrfach vom Grundsatz „Fördern und Fordern“. Die Gewerkschaft ver.di vermutet dahinter denn auch, dass auf die Bedürftigen in irgendeiner Form Druck ausgeübt wird. Einzelheiten in diese Richtung nennt das Papier aber nicht.

Die ver.di-Fachbereichsleiterin Sieglinde Friess, die das angestrebte Prinzip einer Dezentralisierung der Wohnungslosenhilfe „grundsätzlich nicht schlecht“ findet, kritisiert jedoch die vorgesehene Personalpolitik. Nach den Plänen der Behörde soll Personal aus den Sozialämtern abgezogen werden, um die Fachstellen aufzubauen. „Hier wird in einem Bereich, wo ohnehin schon Land unter herrscht, noch weiter ausgedünnt“, nennt Friess dies „eine Katastrophe“. Wenn dies tatsächlich umgesetzt würde, führe das zu „unzumutbaren Verhältnissen sowohl für die Beschäftigten als auch für die SozialhilfeempfängerInnen“.

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