: Zurück zu den Theaterwurzeln
Peter Steins Idee, das Theater am Halleschen Ufer zu einem Zentrum für Schauspielkunst zu machen, freut Politiker und erbost die Theaterleute. Damit wäre das diskutierte Konzept für die Fusion des Hebbel-Theaters mit dem kleinen Theater am Ufer und dem Theater am Halleschen Ufer passé
Während die Theaterferien für Ruhe auf der Bühne sorgen, rumort es hinter den Kulissen. Peter Steins Idee und sein Antrag bei der Bundeskulturstiftung für ein Zentrum für darstellende Kunst im Theater am Halleschen Ufer stößt bei den Verantwortlichen dort auf Skepsis und Ablehnung. Zugleich haben Kulturpolitiker signalisiert, dass sie die Vorstellungen des Starregisseurs, der zuletzt Goethes gewaltiges „Faust“-Dramenepos inszenierte, unterstützen wollen. Stein arbeitet derzeit hauptsächlich als Opernregisseur im Ausland. Neben Berlin soll sich Stein auch noch für die Klassikerhochburg Weimar als Standort für seine Theaterpläne aus Bühne und Schauspielschule interessieren.
Während sich die Kulturverwaltung mit einer Einschätzung des Stein-Projekts zurückhält, wird dieses in der Hebbel-Theater GmbH scharf kritisiert. Die Verwaltungschefin des Hauses, Gessner, sieht nicht nur in dem wenig transparenten Verfahren einen Affront gegen die eigenen Pläne, das Theater am Halleschen Ufer, das Hebbel-Theater und das Theater am Ufer in eine Trägerschaft als GmbH (Ufer-GmbH) zu überführen.
Auch die unterschiedlichen Sparten, wie Tanz, Schauspiel, Experiment und intermediale Performances, die dann unter einem gemeinsamen Dach neu zusammengefasst und mit einem spezifischen Programm ausgestattet würden, wären obsolet. Gessner: „Wenn ein Haus aus diesem Konzept herausgelöst wird, funktioniert das gesamte Konzept nicht.“ Dieses beruhe auf Vielfalt. Außerdem passe da weder ein Schauspielzentrum hinein, noch sei zu erwarten, dass Peter Stein sich einer Ufer-GmbH anschließen würde.
Bis zum Dezember 2002 führt noch Nele Hertling als Direktorin das Hebbel-Theater. Derzeit ist Matthias Lilienthal als ihr Nachfolger und Chef aller drei Häuser im Gespräch. Ungeklärt ist neben der Besetzung auch der Etat, denn der Hebbel-Theater-Etat mit rund 3,3 Millionen Euro im Jahr würde nicht für alle drei Häuser ausreichen. Für die beiden Bühnen am Landwehrkanal stellt das Land keine festen Subventionen zur Verfügung, sondern nur Projektmittel.
Stein wäre somit für das Land Berlin nicht nur finanziell ein Glücksfall, da es die Renovierung, Miete und Projektmittel für das Hallesche Ufer nicht mehr aufbringen müsste. Mit der Stein’schen Idee hätte Berlin außerdem einen renommierten Theatermann mehr in der Stadt, mit dem sich die Kulturpolitik schmücken könnte.
Reizvoll ist für Stein das Theater am Halleschen Ufer. Es ist der Ort, an dem er und die Schaubühne die ersten großen Theatererfolge feierten und das Ensemble mit innovativen Inszenierungen, jungen Schauspielern und einem bis dato nicht gekannten Mitbestimmungsrecht für Furore sorgten. 1969 begann Stein hier seine Arbeit mit Aufführungen von Brecht und Ibsen. Das Theater am Halleschen Ufer galt als die Adresse für Theaterfans in Berlin, der Republik und dem Ausland. Erst 1980 zog die Schaubühne an den Lehniner Platz. Seither dient das Haus als Bühne für Off-Theater – manchmal zweifelhafter Qualität. ROLF LAUTENSCHLÄGER
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