Westafrikas Geldtauscher verfluchen den Euro

Seit Januar ist der Umtausch auf dem Schwarmarkt in Lagos viel weniger lukrativ. Außerdem: Wie spricht man diese neue Währung überhaupt aus?

LAGOS taz ■ Schon der Inhalt nur einer dieser Plastiktüten übertrifft den Wert aller Holzbuden um ein Vielfaches. Im Innenhof des Einkaufszentrums Alade Shopping Complex im Lagoser Stadtteil Ikeja werden täglich viele dieser schwarzen Plastiktüten mit wertvollem Geldinhalt herumgetragen. Dutzende von Geldtauschern rechnen an dieser Ecke von Lagos ausländische Währungen in die heimische Naira um und zurück.

Der nigerianische Geldtauschmarkt wird fast ausnahmslos von Hausa aus dem Norden kontrolliert. Das ist die größte nordnigerianische Ethnie, die meisten der Hausa sind Muslime. Die Bosse sitzen oft in den nordnigerianischen Städten Kano und Kaduna und warten auf die Anrufe von Klienten oder ihren tausenden Mitarbeitern auf den Straßen in den Großstädten, vor allem in Lagos. Wenn einer eine große Summe braucht, also mehrere hunderttausend US-Dollar, dann wird herumtelefoniert und Verabredungen werden getroffen. „Phone-Matters“, also Telefonangelegenheiten, nennen das die Geldwechsler-Insider aus dem Hausa-Land.

Sie tragen das lange, einfarbige Kaftangewand und eine Kappe – traditionelles Aussehen im islamischen Norden. Sehen die Wechsler einen Kunden, zücken sie ihre Taschenrechner und rufen: „Dollar, Pound Sterling?“ Früher kam dann noch „Deutschmark“ und die Bitte, sich auf die Bank in einer der Buden zu setzen und Geld zu wechseln.

Heute kommt hinter den Werberufen keine freundliche Aufforderung mehr – sondern der Versuch, das Wort „Euro“ richtig auszusprechen. Die Euro-Währung scheint ein Zungenbrecherzu sein. Es mischen sich mindestens drei verschiedene Aussprachen für das „Eu“ im Euro. Manche fragen einfach nach alter englischer Betonung, ob man „Europe“ kaufen oder verkaufen will – damit es keine Missverständnisse welcher Art auch immer geben kann.

Aber die Phonetik ist nicht das einzige Problem mit dem Euro. Schwerer wiegt der Wertverfall der anderen Währungen und die allgemein schlechter laufenden Geschäfte, die der Euro mit sich gebracht hat. „Der Euro hat nur Schlechtes gebracht“, schimpft etwa der Geldwechsler Alhjai Usman Atuba, der sich selbst „General Business Consultant“ nennt und sein Geschäft „Good Price for Currency Exchange“.

Das mit dem guten Preis ist seit dem ersten Januar nun so eine Sache. Atuba sagt, dass mit der Einführung des Euro die anderen Währungen an Wert verloren hätten. Rund zehn Prozent sind Dollar und das britische Pfund Sterling heruntergegangen. Und da die Geldwechsler und ihre Chefs viele der ausländischen Währungen hielten, kam es zum Verlust im Vergleich zur nigerianischen Währung Naira. Die alten Währungen werden immer noch getauscht. Eine Mark verkauft sich noch für 50 Naira oder lässt sich für 55 Naira erstehen – Verhandlungssache natürlich.

Insgesamt verdienten Geldwechsler in der Vor-Euro-Zeit zwischen 10.000 und 15.000 Naira (80 bis 125 Euro). Je nachdem, ob die Kunden Bescheid wussten, wo der richtige Kurs steht. Nach der Euroeinführung fiel das Einkommen unter 7.000, 8.000 Naira. Das Gesamtvolumen des Geldtauschens ist natürlich gleich geblieben. Jetzt allerdings haben es Geldtauscher schwer, die profitablen Nischen zwischen der Vielzahl der Währungen zu nutzen. Früher haben sich Geldtauscher wie Alhaji Usman Atuba oder Alhaji Boyi Kebbi auf ein paar Währungen spezialisiert: holländische Gulden beispielsweise und italienische Lira. Eine solche Diversifizierung hatte lange Zeit Arbeitsplätze und Tauschmöglichkeiten geschaffen.

Diese Zeiten sind nun vorbei. Depression herrscht unter den kleinen Geldtauschern überall im Land. Die Großen im Geschäft haben ohne zusätzliche Arbeit mehr Anteile im Tauschmarkt übernommen. Das hat Arbeitsplätze gekostet. Ya`u Gusau verkauft seit einigen Wochen Sandalen. Aus dem Tauschgeschäft ist er, wie viele andere auch, ausgestiegen. Alhaji Usman Atuba schätzt, dass etwa ein Drittel seiner Kollegen den Taschenrechner an den Nagel gehängt haben.

Ganz arbeitslos sind die privaten Geldwechsler aber noch nicht. In den Banken und von der Zentralbank gibt es für ausländische Währungen immer noch zwischen 10 und 15 Prozent weniger als auf dem Schwarzmarkt.

Schon in den kommenden Jahren könnten Geldwechsler in Nigeria und in anderen Ländern der Region noch weniger zu tun haben. Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft, ECOWAS, sieht für das Jahr 2004 eine gemeinsame Währung für die westafrikanischen Länder vor. „Dann können wir unsere Buden bald ganz dichtmachen“, sagt Alhaji Usman Atuba. HAKEEM JIMO