Steuern rauf und runter

Union macht rot-grüne Steuerreform für Geldnot der Kommunen verantwortlich. SPD-Finanzminister Eichel sieht das Problem in der weltweiten Konjunkturflaute

BERLIN taz/dpa ■ Die Haushaltssperre der bayerischen Landeshauptstadt München und der gestern veröffentlichte Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums haben eine Debatte über das Steuerniveau ausgelöst.

Nach dem Bericht sind die Gesamteinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen im ersten Halbjahr 2002 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von etwa 200 Milliarden auf 189,4 Milliarden Euro gesunken. Auf der Ausgabenseite verzeichnete Eichel dagegen einen Anstieg um 4,4 Milliarden Euro. Damit betrage die Finanzierungslücke aktuell 33,6 Milliarden Euro.

Nach Angaben der Vorsitzenden des Deutschen Städtetags, der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), ist die Gewerbesteuer in den ersten sechs Monaten des Jahres um 13,6 Prozent gesunken. Die CSU bezifferte das kommunale Haushaltsdefizit in Deutschland mit 4 Milliarden Euro. Im Bericht des Bundesfinanzministeriums ist die Gewerbesteuer allerdings nicht berücksichtigt.

CSU-Landesgruppenchef Michael Glos nannte die Ausfälle „das Ergebnis der Steuerreform von Schröder und Eichel“. Mit der faktischen Senkung der Gewerbesteuer habe die Bundesregierung „die Wirtschaft krank und die Kommunen arm gemacht“, so Glos. Bundesfinanzminister Hans Eichel wies die Vorwürfe zurück. Die Steuerreform sei „nicht verantwortlich“ für die Ausfälle bei der Gewerbesteuer. Schuld sei vielmehr die anhaltend schlechte Weltkonjunktur.

Einzelne Kommunen seien „zu stark von der Gewinnsituation oft nur eines einzigen Steuerpflichtigen abhängig“, erklärte der Finanzminister. Eichel betonte, das Gewerbesteueraufkommen sei „uneinheitlich“ und es gebe „auch Städte mit einer unerwartet positiven Entwicklung dieser Einnahmen“. Er räumte aber ein, dass die Entwicklung der Gewerbesteuer auch im kommenden Jahr problematisch bleibe. Hier sei eine „Reform der kommunalen Einnahmequellen“ erforderlich. Seit Mai dieses Jahres beschäftigt sich eine von Eichel eingesetzte Kommission mit einer neuen Gemeindefinanzordnung. Glos wetterte, Eichel habe die bereits 1998 angekündigte Reform „verschleppt“.

Neben der Debatte über die Finanzmisere einzelner Kommunen hatte am Vortag eine Stimme aus den eigenen Reihen für Aufregung in der SPD gesorgt. Die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) wollte Steuererhöhungen wegen der verzeichneten Einnahmeverluste nicht grundsätzlich ausschließen. Dem entgegnete Finanzminister Hans Eichel, eine Steueranhebung sei „zurzeit völliger Unsinn und ganz ausgeschlossen“.

Eichel betonte zugleich, neben der zweiten und dritten Stufe der Steuerreform 2003 und 2005 dürfe es „auf keinen Fall“ Steuersenkungen geben. Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) hatte „vor allem für den Mittelstand“ Steuersenkungen gefordert.

Trotz der schlechten Halbjahresbilanz blieb Eichel optimistisch. Er rechne mit einem Wachstum von 2,5 bis 3,0 Prozent in der zweiten Hälfte des Jahres. Im nächsten Jahr werde sich dieser prophezeite Aufschwung fortsetzen. SEBASTIAN SEDLMAYR

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