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Das Herz lacht ohne Profis

Zum Regionalliga-Auftakt am Freitag mussten die Kicker des Hamburger Sportvereins ohne die Profi-Reserve antreten. In Paderborn wurden den „echten“ Amateuren des HSV beim 2:6 die Grenzen aufgezeigt

Die dritte Liga wird immer mehr zu einem Sammelbecken der Nachwuchspools

von FOLKE HAVEKOST

Die Bäume wachsen noch nicht in den Regionalliga-Himmel und aus manchen Träumen wurden schnell Schäume. Zum Auftakt der Regionalliga Nord mussten die Amateure des Hamburger SV beim SC Paderborn 07 am Freitagabend eine 2:6-Schlappe hinnehmen.

Damit befindet sich die Nachwuchs-Abteilung der Rothosen schon nach dem ersten Spiel im Tabellenkeller. „Ob es reicht, um in dieser Liga eine ordentliche Rolle zu spielen, ist schwer einzuschätzen“, hält sich Trainer Stefan Böger über die Konkurrenzfähigkeit seines Talentschuppens noch bedeckt.

Dabei ist die seit 2000 bestehende zweigleisige Regionalliga eigentlich wie gemacht für die Nachwuchs-Teams der Proficlubs. Erst recht nach den unter der Parole Nachwuchsförderung jüngst beschlossenen Regeländerungen. Alle Regionalliga-Vereine müssen für jedes Spiel mindestens vier Kicker benennen, die unter 24 Jahre alt und für den DFB spielberechtigt sind. Während hiervon noch alle Vereine betroffen sind, wurde den Amateur-Abteilungen der Großvereine eine Extrawurst gebraten: Sie können sich nahezu uneingeschränkt aus dem Profi-Kader bedienen. Drei über 24 Jahre alte Profis und beliebig viele unterhalb dieser Altersgrenze dürfen in der dritten Liga eingesetzt werden.

Und die wird mehr und mehr zu einem Sammelbecken der Nachwuchs-Abteilungen. Neben den HSV-Amateuren tummeln sich noch die Talente von Borussia Dortmund, Werder Bremen, Bayer Leverkusen und dem 1. FC Köln in der Spielklasse. Gern gesehen sind sie dort nicht von jedem. Traditionsvereine wie Rot-Weiß Essen und den VfL Osnabrück erinnert ein Spiel gegen derartige Gegner an die eigene Tiefklassigkeit, über viele Zuschauer können sich die Kassierer bei Spielen gegen Amateur-Mannschaften auch nicht freuen.

Im Paderborner Hermann-Löns-Stadion waren es immerhin 2200 Besucher, die den Saisonauftakt erleben wollten. Der HSV bediente sich zum Aufgalopp nicht aus der Profi-Reservearmee. Bundesliga-Coach Kurt Jara hatte aufgrund der Verletzungssorgen niemanden freigegeben. So liefen in Westfalen weitgehend die Regionalliga-unerfahrenen Kicker auf, die im Vorjahr die norddeutsche Meisterschaft und den Aufstieg realisierten. „Meine Aufgabe ist reizvoll“, gibt sich Böger keinen Illusionen hin, „aber auch sehr, sehr schwer“. Die Routiniers Marinus Bester (33) und Marco Grote (29) hoben das Durchschnittsalter der „echten“ Amateure immerhin noch auf 23,4 Jahre an.

Der Wettbewerbsvorteil der Profi-Kicker in der Hinterhand ist mit Vorsicht zu genießen. Erfahrene Spieler von oben würden den sportlichen Erfolg des Nachwuchs-Teams mutmaßlich steigern, das eigentliche Ziel Bögers jedoch in den Hintergrund rücken. Denn letztlich ist es vornehmlich seine Aufgabe, die jungen Spieler an die Bundesliga heranzuführen, wie das bei Hasan Salihamidzic und zuletzt Collin Benjamin der Fall war.

Eines der neuen Talente ist Amir Shapourzadeh. Der 19-jährige Stürmer kam vom Eimsbütteler TV zum Rautenclub und weckte in Paderborn mit seinem Anschlusstreffer zum 2:3 kurzzeitig Hoffnungen. „Da lacht mein Herz“, freute sich Böger über den Treffer und manche „ganz gute Einzelaktion“ Shapourzadehs: „Da sehe ich, dass die Jungs Fußball spielen können und wollen.“

Das dürfen sie wieder am kommenden Freitag (18.30 Uhr, Hagenbeckstraße). Dann gilt es, gegen Werder Bremens Amateure im ersten Heimspiel die Paderborner Schlappe wettzumachen.

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