: Attac greift IWF und Weltbank scharf an
Die Privatisierungsstrategie des Währungsfonds ist für „Ermordung von Millionen Menschen“ mitverantwortlich. UNO-Sonderbotschafter Jean Ziegler auf der Sommerakademie des Globalisierungskritischen Netzwerks Attac
MARBURG ap ■ Hunger und Armut sind menschengemacht und fallen nicht vom Himmel. Mit dieser Botschaft eröffnete der UNO-Sonderberichterstatter „Für das Recht auf Nahrung“, Jean Ziegler, die Sommerakademie des globalisierungskritischen Netzwerks Attac in Marburg.
Im Attac-Netzwerk arbeiten rund 80.000 Menschen und Organisationen in 30 Ländern mit, in Deutschland unter anderen der Bund für Umwelt und Naturschutz, die Gewerkschaft Ver.di und Pax Christi. Die Sommerakademie dauert bis Mittwoch.
Ziegler sagte: „Alle sieben Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren.“ Der Schweizer machte die herrschende Weltwirtschaftsordnung für „die Ermordung von Millionen Menschen“ verantwortlich.
Welthandelsorganisation (WTO) und Internationaler Währungsfonds (IWF) verfolgten eine Politik, die Hunger produziere. Die von ihnen propagierte totale Liberalisierung der Kapital-, Waren-, Dienstleistungs- und Patentströme solle offiziell den Handel erleichtern. Tatsächlich mache die Strategie, den öffentlichen Sektor gänzlich zu privatisieren, die armen Länder aber immer ärmer. Ein Beispiel hierfür sei der afrikanische Staat Niger. „Dort haben IWF-Beamte im letzten Jahr die Privatisierung des nationalen Veterinäramtes und des staatlichen Transportwesens durchgesetzt“, sagte er. Bauern könnten sich nun keine Impfstoffe mehr für ihre Kühe leisten – ihre Tiere stürben an Epidemien.
Ziegler hielt es für unrealistisch, darauf zu vertrauen, dass die armen Staaten schrittweise vom Wohlstandskuchen mehr abbekämen. WTO und IWF seien nicht reformierbar und müssten daher aufgelöst werden.
Von den Parteien erwarten die Globalisierungskritiker wenig. Selbst Parteien mit sozialem Anspruch seien auf neoliberalem Kurs. „Bundeskanzler Gerhard Schröder und der britische Premier Tony Blair stehen heute politisch näher an George Bush als zu ihren historischen, auf Solidarität beruhenden sozialdemokratischen Wurzeln“, sagte Susan George, Vizepräsidentin von Attac Frankreich. Sie setzte auf öffentlichen Protest und Information, um langfristig die Strukturen zu ändern. Es gelte, die Lügen in unserem System aufzudecken. FRANK LETH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen