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Markt und Eigenwert

Die Bremer Handelskammer lud zur Diskussion über „Verantwortungspartnerschaft zwischen Wirtschaft und Kultur“, Stiftungen und Kultur als kommunale Pflichtaufgabe

Was ist ein korporativer Bürger im sozialen Kontext? Ein Unternehmer, der Verantwortung in der Gesellschaft übernimmt. Die Definition stammt von Deutschlands Staatsminster für Kultur und Medien, nach dessen Willen sich die Verantwortung der Wirtschaft auch auf die Kultur erstrecken soll. Die Stiftungskultur in Deutschland will Julian Nida-Rümelin neu beleben. Deshalb hat er das Stiftungsrecht novelliert. Dafür wirbt er, im Wahlkampf - und auch bei seinem jüngsten Besuch in der Bremer Handelskammer (vgl. taz von gestern).

Zwischen Uwe Nullmeyer, dem Geschäftsführer der Handelskammer, Carmen Emigholz, der Sprecherin der Kulturdeputation Bremen, Kultursenator Kuno Böse, Bernd Hockemeyer, Vizepräses der HK und Generalintendant Klaus Pierwoß saß Nida-Rümelin auf dem Podium. Sie alle deklarierten sich als Lobbyisten der Kultur. Lauter Interessenvertreter – dennoch wird an der Kultur gespart, mehr denn je.

Nida-Rümelins Forderung nach einer Reform der Gemeindefinanzen, um die Ausgaben für Kultur per Gesetz zur Pflicht zu machen, war zielsicher platziert. In finanziellen Notsituationen dürfe die Kultur in den Kommunen nicht immer als Erste leiden. Fasziniert, lobte er, sei er, wie in Bremen bürgerschaftliche Verantwortung ernst genommen werde.

Wenn die Kommunen und die Wirtschaft erkannt hätten, dass Kultur ein Mittel der Selbstbestimmung für beide Seiten darstellt, dann dürfte auch leichter Geld locker gemacht werden, um etwa mehr Kultur in die Breite zu tragen. Kontinuität und Nachhaltigkeit vermisste Rainer Stamm, Leiter der Kunstsammlungen Böttcherstraße, bei der Gelderverteilung auf kulturelle Einrichtungen. Wenn etwa Museumspädagogik nicht auf eine verlässliche Basis gebaut, sondern sich über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen von Jahr zu Jahr rette, fehlten die Vorraussetzungen, um das Publikum zu erreichen.

Private Sponsoren tragen lediglich zehn Prozent der Summe bei, die in Deutschland für Kultur ausgegeben wird – eine Zahl, mit der Nida-Rümelin unterstrich, wie unentbehrlich die Kommunen als Förderer einer Kultur sind, die als Teil der Gesellschaft einen Eigenwert besitzen soll. Also für private Förderer nicht Mittel zum Zweck werden darf.

Was muss der Staat für eine kulturelle Infrastruktur leisten? Carmen Emigholz beantwortete die eigene Frage mit der Vorgabe, der Staat müsse Kulturpolitik gestalten, indem er eine Wertordnung schafft, für die Investitionen in die Zukunft aus mehr als Brücken- und Straßenbau bestehen. Denn (wie formulierte Nida-Rümelin noch gleich?) Kulturgüter lassen sich nicht über die Mechanismen des Marktes bereitstellen. Bärbel Nückles

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