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Haute Knasture

Justizsenator greift durch gegen Reformstau und den Verlust von Autorität: Gestern präsentierte er neue Uniformen für Knast-Bedienstete

„Ein im Schnitt zeitloses Modell mit einem im Dienst praktischen Stoff“

von ELKE SPANNER

Es war eine der ersten Erkenntnisse von Justizsenator Roger Kusch (CDU, 47 Jahre, dunkler Anzug, helles Hemd, schwarz geputzte Schuhe und sonnengebräuntes Gesicht): Der Reformstau in der Hamburger Verwaltung ist eklatant, und das besonders bei den Dienstuniformen. Diese offenkundige Seelenverwandtschaft mit Innensenator Ronald Schill (43 Jahre, stets dunkler Anzug, helles Hemd, schwarz geputzte Schuhe und sonnengebräuntes Gesicht) hat die beiden nicht nur veranlasst, sich in einer Koalition zum Regieren zusammenzutun. Beide haben ihre politische Priorität auf die angemessene Berufsbekleidung der BeamtInnen gelegt. Während Schill noch über dem Design der Polizeiuniformen grübelt (Einreiher oder Zweireiher, Seitenscheitel-Pflicht ja oder nein) ist der resolute Justizsenator längst zur Tat geschritten und hat das Outfit der Gefängnis-MitarbeiterInnen „reformiert“. Gestern veranstaltete Coutourier Roger Lagerfeld Kusch eine Modenschau im Knast.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Kusch war klar, dass „mein persönlicher Geschmack nicht das Maß aller Dinge ist“. Deshalb hat er nicht selbst zum Designerblock gegriffen, sondern eine „Task Force“ gegründet, und die hat ein Modell entworfen, das wirklich nicht nicht gefallen kann. Vor allem im Vergleich zum alten „Auslaufmodell“, wie Kusch sich doch etwas respektlos anzumerken gestattete.

Das bestand aus dunkelblauem Sakko aus schwerem Schurwollstoff, mit silbern glitzernden Knöpfen, die dem Outfit etwas Militärisches verliehen. Doch erstens fanden viele Schließer es unangemessen, die Gefangenen morgens im dunklen Sakko zur Dusche zu bringen, und zweitens, so ein Betroffener, „sind die Uniformen einfach nicht mehr zeitgemäß. Der Tragekomfort ist nicht mehr so, wie es dem heutigen Standard entspricht.“ Zum Beispiel hätten die Hosen kein Innenfutter, und das kratzt.

Fast verschämt ob seines unmodernen Äußeren tritt der Bedienstete hinter zwei KollegInnen in den neuen Uniformen zurück. „Hier sehen Sie die neue Variante“, preist Kusch denn auch froh, dessen Gesicht sich bei der Schilderung des Kratz-Problems mitleidig verzogen hatte. „Ein Blouson, der für den Alltag sehr viel mehr geeignet ist als ein Jacket. Und die neuen Hosen“, weiß er zu ergänzen, „sind teflonbeschichtet. Das ist besonders pflegeleicht.“

300 Schließer werden die neuen Uniformen zur Probe bis Ende des Jahres auf den Knastfluren ausführen, „und wenn sich keine gravierenden Probleme ergeben“, so Kusch, „treten wir 2003 in die endgültige Phase“. Aber warum sollten sich Probleme ergeben. Schließlich ist die Uniform „ein im Schnitt zeitloses Modell mit einem im Dienst praktischen Stoff“.

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