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Union will zum Irak-Krieg schweigen

Das plötzliche Nein der Regierung zu einem Angriff auf den Irak verwirrt die Opposition. Nach den spontanen, höchst unterschiedlichen Reaktionen erklären Stoiber und CDU-General Meyer den Krieg zum Unthema. Die PDS misstraut Rot-Grün

aus Berlin LUKAS WALLRAFF

Am liebsten würde die Union die Debatte um einen möglichen Krieg gegen den Irak sofort wieder beenden. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer reagierte gestern extrem genervt, als er zur Position der Union gefragt wurde. Mit oder ohne UN-Mandat? Mit oder ohne deutsche Soldaten? „Es gibt nur eine verbindliche Meinung der Union“, sagte Meyer. „Das sind völlig theoretische Fragen, die von Rot-Grün nur deshalb ins Gespräch gebracht wurden, um von den eigentlichen Themen abzulenken“.

Arbeitslosigkeit, Wirtschaftsflaute, Konjunktur – darüber möchte Meyer gerne sprechen. Das neue Wahlkampfthema Krieg dagegen passt ihm gar nicht in den Kram. „Wer eine solche Diskussion führt, schadet den Interessen der UNO, die jetzt Kontrolleure ins Land bringen will“, behauptet Meyer. Was er nicht sagt: Das klare und laut Umfragen sehr populäre Nein der Bundesregierung zu einer deutschen Beteiligung am Krieg gegen den Irak hat die gesamte Opposition überrascht und auf dem falschen Fuß erwischt.

Vor allem die Union hatte offenbar nicht damit gerechnet, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer ihre „uneingeschränkte Solidarität“ mit den USA so schnell und deutlich aufkündigen würden, wie sie es Anfang dieser Woche taten. Entsprechend verwirrend und widersprüchlich waren die ersten, spontanen Reaktionen: Kompetenzmann Wolfgang Schäuble kämpfte für, der zuständige CDU-Fraktionssprecher Karl Lamers gegen eine deutsche Kriegsbeteiligung. Schäuble nannte ein UN-Mandat als Voraussetzung für deutsche Hilfe, Parteifreund Friedbert Pflüger erklärte sogar dies für unnötig.

An den „theoretischen Diskussionen“, die Meyer jetzt unterbinden möchte, hatten sich führende Politiker der Union zunächst durchaus beteiligt – nur der Kandidat Stoiber weiß noch immer nicht so recht, wie er sich verhalten soll. Um wenigstens das Stimmengewirr der Union zu beenden, hat er seine Leute gestern wieder auf Linie gebracht. Und die heißt: Schweigen. „Hypothetisch“ seien alle Fragen nach dem Krieg, sagte Stoibers Sprecherin der taz. Die Union habe „keinen Anlass, sich darauf einzulassen“.

Auch der potenzielle Außenminister der FDP, Wolfgang Gerhardt, warf der Regierung vor, ihr gehe es in Wirklichkeit nicht um den Frieden, sondern um ein billiges Ablenkungsmanöver. „Jetzt, wo wir vier Millionen Arbeitslose haben, fängt der Bundeskanzler eine Irak-Diskussion an“, schimpfte Gerhardt.

Die PDS hat ein ganz anderes Problem. Sie will sich ihre Rolle als einzig konsequente Friedenspartei nicht nehmen lassen. Schröders Nein zum Krieg sei „wenig glaubhaft“, sagte Fraktionschef Roland Claus. „Wer eine deutsche Beteiligung an einem Krieg der USA gegen den Irak nicht will, muss PDS wählen.“

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