Der Bankenpoker beginnt

Die potenzielle Investoren haben noch eine Woche Zeit, ihre Angebote für die Bankgesellschaft abzugeben. Dem Haushalt drohen weitere Risiken, hält Berlin am Verkauf der Bank fest

von RICHARD ROTHER

Ob Sonne, Wind oder Regen – noch drehen sich die meterhohen Werbesäulen der Bankgesellschaft auf dem Dach des Alexanderhauses gemächlich um die eigene Achse, als ob nichts geschehen wäre. Dabei könnten bald schon die Besitzer des maroden Bankhauses wechseln – und ein anderer Wind durch die komfortabel ausgestattete Chefetage im 8. Stock wehen. In die Verhandlungen um den Verkauf der mehrheitlich landeseigenen Bank ist schließlich einige Bewegung gekommen. Zwar hat die Norddeutsche Landesbank (NordLB), nach Berlin zweitgrößter Einzelaktionär bei der Bank, noch kein konkretes Angebot vorgelegt – aber die Hannoveraner Banker haben dafür bis zum 14. August Zeit.

Während die Grünen im niedersächsischen Landtag der Expansion der NordLB Richtung Berlin skeptisch gegenüberstehen und in der Verweigerung eines konkreten Angebots bereits den Ausstieg aus dem Berliner Abenteuer sehen, will sich der Aufsichtsratschef der NordLB, Niedersachsens Finanzminister Heinrich Aller (SPD), offenbar alle Optionen offen halten. Zunächst solle aber lediglich eine „indikative Interessenbekundung“ abgegeben werden, so Aller. Die Niedersachsen fürchten vor allem weitere Risiken, die in dem Bankkonzern stecken. Allerdings könnte das explizite Warnen vor versteckten Risiken, wie in Hannover zu hören ist, auch Verhandlungsstrategie sein: Je höher die Risiken, umso geringer der Preis – wenn nicht das Land Berlin weitere Risiken übernimmt.

Das Mitglied im Bankgesellschaftsaufsichtsrat und Berliner Ver.di-Vizechef, Hartmut Friedrich, begrüßte gestern jedenfalls Allers Initiative: „Es ist positiv, dass die NordLB endlich aus den Puschen kommt.“ Noch sei genügend Zeit, ein Angebot zu unterbreiten. Der Gewerkschafter Friedrich bevorzugt eine Lösung, bei der ein öffentlich-rechtliches Insititut bei der Bank einsteigt. „Andernfalls müsste der Markenname Berliner Sparkasse aufgegeben werden“, warnt er.

Klar ist, dass bei einem Verkauf der Bankgesellschaft auch die Sparkasse mit abgegeben würde. Als Marktführer in der Region ist sie einer der wenigen tendenziell lukrativen Teile des Berliner Bankkonzerns. Dieses Potenzial wollen sich auch private Investoren erschließen, auf die der designierte Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) jüngst zuging. Bei einem Verkauf müsse gewährleistet sein, dass die Sparkassenfunktionen – etwa Konten für Sozialhilfeempfänger oder Kredite für kleine Unternehmen – erfüllt würden.

Fraglich ist, ob sich potenzielle Investoren die Erfüllung solcher Bedinungen abringen lassen. Neben der NordLB sind noch die privaten US-Konsortien Lone Starr, Texas Pacific Group/Flowers sowie Wilbur L. Ross im Rennen. Der Europa-Chef von Lone Star, Roger Orf, forderte das Land Berlin gestern auf, weitere Informationen über das Immobiliengeschäft der Bank zur Verfügung zu stellen. „Aber bieten werden wir trotzdem.“

In den bisher schwer abschätzbaren Risiken liegt auch die Crux des Verkaufs. Zwar hat das Land Berlin mit der umstrittenen Risikoabschirmung bereits eine Art Bürgschaft in Höhe von 21,6 Milliarden Euro abgegeben. Diese bezieht sich aber nur auf das Geschäft mit Immobilienfonds der Bankgesellschaft, bei denen den Fondseignern über dem Marktüblichen liegende Garantien gegeben worden waren. Die auf 30 Jahre angelegte Risikoabschirmung belastet den Haushalt bereits im kommenden Jahr mit 300 Millionen Euro.

Nicht vom Landeshaushalt abgesichert sind aber Risiken, die sich aus dem sonstigen Kreditgeschäft der Bank ergeben: etwa Firmenengagements oder Kredite zur Finanzierung nicht Fonds gebundener Immobilienprojekte. Wenn auch manche Firma, bei der die Bankgesellschaft engagiert ist, auf Grund der Konjunkturflaute Sorgen bereiten dürfte – erinnert sei an Herlitz –, so sind es doch die Risiken bei Immobilienprojekten, die hauptsächlich ins Gewicht fallen. Die Grundannahme ist einfach: Wenn bei den Immobilienfondsprojekten ein enormer Risikoabschirmungsbedarf besteht, müsste er auch bei ähnlichen Immobilienprojekten hoch sein. Von bis zu 20 Milliarden Euro ist die Rede.

Deshalb fordern potenzielle Investoren dem Vernehmen nach von Berlin, weitere Risiken der Bank zu übernehmen. Der Worst Case: Berlin muss wegen der Sünden der Vergangenheit noch einmal tief in die Haushaltskasse greifen, will es seine Bank in Zukunft los sein.

Die Alternative ist nicht viel besser: Wird die Bank nicht verkauft, bleiben die Risiken in jedem Fall beim Land; zudem fehlte der Bank ein Investor, der frisches Kapital in das angeschlagene Institut bringen könnte. Andererseits kann niemand in Berlin eine Lösung wollen, bei der die öffentliche Hand die Verluste übernimmt, die neuen Investoren aber die Gewinne absahnen.

Während sich das farbenprächtige Logo der Bank auf dem Alexanderhaus gemächlich weiterdreht, ist nur eines sicher: Die heiße Phase des Banken-Pokers hat begonnen. Dem Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland schwant bereits Unheil: Es sei eben schwierig, eine Bank zu verkaufen, die keiner haben wolle.