: Weiße Farmer harren aus
Nach dem Ablauf des Ultimatums in Simbabwe kommt es zunächst nicht zu den befürchteten Gewalttaten. Doch den Bauern drohen Gefängnisstrafen bis zu zwei Jahren, falls sie ihr Land nicht verlassen. Sechs Millionen sind vom Hunger bedroht
von MARTINA SCHWIKOWSKI
Einen Tag nach dem Ende des Ultimatums für weiße Farmer in Simbabwe zur Übergabe ihres Landes ist es zunächst ruhig geblieben. Befürchtete Ausschreitungen von so genannten Kriegsveteranen und Polizeieinsätze auf den Farmen weißer Besitzer blieben aus. Einige Farmer packten aus Angst vor Überfällen und Sorge vor einer ungesicherten Zukunft ihre Sachen und kamen vorübergehend bei Bekannten und Verwandten in den Städten unter. Einige wollen ihr Glück in den Nachbarländern Mosambik und Sambia suchen. Doch die Mehrheit der etwa 3.000 weißen Farmer, die nach einer Anordnung der Regierung Robert Mugabes im Mai zunächst ihre Arbeit innerhalb von 45 Tagen einstellen und dann in weiteren 45 Tagen ihren Besitz räumen mussten, ist geblieben.
Unterschiedliche Interessen der Farmer haben zur Spaltung geführt. Fast alle sind in der Kommerziellen Farmerunion (CFU) organisiert. Viele von ihnen haben in den letzten Tagen versucht, mit der Regierung ein Abkommen auszuhandeln, um auf ihren Farmen weiterarbeiten zu können. Die Regierung fordert mit ihrer umstrittenen Landreform ohne Kompensation eine Verkleinerung der Grundstücke auf eine durchschnittliche Größe von 400 Hektar pro Besitzer und mehr in trockenen Gebieten. „Wir haben von uns aus Angebote zur Abgabe von Land gemacht, aber noch gibt es keine Ergebnisse“, sagt Verbandspräsident Colin Cloete.
Eine Gruppe von etwa 1.000 Farmern hat kürzlich die Organisation „Justice for Agriculture“ gegründet. „Wir bleiben und kämpfen für unser Recht vor den Gerichten“, versichert Sprecherin Jenni Williams. „Das Vorgehen der Regierung verstößt gegen die Verfassung und die Menschenrechte.“
Einen Tag vor Ablauf der Frist hatte ein Gericht in Harare einem Farmer in seiner Klage gegen den Räumungsbescheid Recht gegeben. Dem Urteil gemäß ist die Landnahme der Regierung nicht zulässig, da seine Farm mit einer Hypothek belastet und das entsprechende Bankinstitut nicht informiert worden ist.
Fast alle Farmer haben Hypotheken aufgenommen, doch laut Sam Moyo, Direktor des Afrikanischen Instituts für landwirtschaftliche Studien in Simbabwe, ist die Konsequenz dieses Urteils lediglich eine Zeitverzögerung. „Die Regierung kann Banken benachrichtigen und später stehen wir vor der gleichen Situation. Die Farmer betreiben auch einen gewissen Propagandakrieg.“
Eine weitere Möglichkeit: Wie in der Vergangenheit kümmert sich Mugabe nicht um Gerichtsurteile und wird mit aller Macht die bereits im Februar 2000 angekündigte Landumverteilung an schwarze Bauern durchsetzen, damit „das ungerechte Erbe des britischen Kolonialismus aufgehoben“ wird.
Wie viele Landlose tatsächlich eine Farm erhalten, ist unklar, denn Minister und Regierungsangehörige haben sich schon mit Grundstücken bereichert. Vizepräsident Joseph Msika warnte am Freitag erneut jene Farmer, die sich weigern, ihre Grundstücke zu verlassen. Ihnen droht eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren.
Die Frist für den Abzug der Farmer fällt in eine Zeit, in der die Bevölkerung vor einer Katastrophe steht. Durch massive Misswirtschaft, Korruption, Gewalt und Einschüchterung gegen Farmer und Oppositionelle liegt die Wirtschaft brach und der Staat ist bankrott. Etwa sechs Millionen Menschen sind vom Hunger bedroht. Zu 80 Prozent produzieren die Farmer, die 70 Prozent des fruchtbarsten Bodens im Land besitzen, für den Export von Weizen und Tabak. Durch den Stillstand auf ihren Farmen und gewaltsame Landnahme ist die Einfuhr von Devisen gleich null. Zudem hat eine Dürre zum Verfall der Ernten beigetragen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen