Rumänien eckt in Brüssel an

Für die Unterzeichnung eines Abkommens mit den USA, das US-Soldaten vor internationaler Strafverfolgung auf rumänischem Territorium schützt, erntet Bukarest harsche Kritik von der EU. Verantwortliche ergehen sich in halbherzigen Dementis

aus Bukarest KENO VERSECK

Rumänien, Schlusslicht unter den osteuropäischen EU-Kandidaten, handelt sich derzeit serienweise Ärger mit der EU ein. Anfang August unterzeichnete Rumänien mit den USA ein Abkommen, das US-Soldaten von der Strafverfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag auf rumänischem Territorium bewahrt. Die EU-Kommission in Brüssel kritisierte Rumänien dafür vor einer Woche scharf. Kommissionspräsident Romano Prodi warnte die anderen Kandidaten diese Woche vor einem ähnlichen Alleingang.

Damit nicht genug: Auf Druck der USA und entgegen Empfehlungen verschiedener europäischer Gremien entschied Rumänien Ende Juli, Adoptionen von Waisenkindern im Ausland wieder zuzulassen. Nur Tage später fragte der EU-Botschafter in Bukarest, Jonathan Scheele, bei der rumänischen EU-Integrationsministerin Hildegard Puwak nach entsprechenden Medienberichten offiziell an, ob sein Telefon vom Securitate-Nachfolgegeheimdienst SRI abgehört werde. Und schließlich geriet Rumänien in dieser Woche auch noch in Verdacht, dass Gelder des Phare-Fonds zur Unterstützung von Klein- und mittleren Unternehmen veruntreut wurden.

Das Abkommen über die Straffreiheit für US-Kriegsverbrecher auf rumänischem Territorium sieht eine Nichtauslieferung an das Haager Kriegsverbrechertribunal vor. Rumänien hatte das Abkommen mit den USA pikanterweise unterschrieben, nachdem es zuvor von den USA zum wiederholten Male dafür kritisiert worden war, dass in mehreren rumänischen Städten Straßen nach dem Hitler-Verbündeten und als Kriegsverbrecher 1946 zum Tode verurteilten Diktator Ion Antonescu benannt sind. „Politische Prostitution“ nannte es ein prominenter rumänischer Publizist – Rumäniens Außenminister Mircea Geoana bezeichnete es als „nationales Interesse“. Konkret: Rumänien erhofft sich von dem Abkommen die Nato-Mitgliedschaft, über die auf dem Prager Nato-Gipfel im November entschieden wird.

Außenminister Geoana sprach nach Unterzeichnung des Abkommens mit den USA davon, dass Rumäniens Nato-Beitritt „in unmittelbarer Zukunft sicher“ sei. Mit den scharfen Reaktionen aus Brüssel hatte die rumänische Regierung jedoch nicht gerechnet. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte letzte Woche, Rumäniens Schritt sei bedauerlich. Die EU habe ihren Kandidatenländern nahe gelegt abzuwarten, bis die EU Mitte September eine Entscheidung zum Thema treffe. Am Montag richtete die EU-Kommission erneut einen derartigen Appell an alle Kandidatenländer und forderte sie auf, die EU-Position abzuwarten.

Die Beschwichtigungsversuche aus Bukarest klingen nach hilflosen Dementis: Das Abkommen mit den USA bedeute keinesfalls einen Mangel an Loyalität gegenüber der EU, heißt es im rumänischen Außenministerium. Der Securitate-Nachfolgegeheimdienst SRI ließ wissen, dass das Telefon des EU-Botschafters nicht abgehört werde. Das Entwicklungsministerium bestreitet, dass Phare-Gelder veruntreut worden seien. Für außenpolitische Affären gab Regierungschef Adrian Nastase die Handlungsrichtlinie vor: Rumäniens prekäre Position zwischen den USA und der EU kommentierte er mit den Worten, nun müsse man „die Ziege mit dem Kohl versöhnen“.