: Lohn – auch bei Flut?
Bei der Frage, welche Regeln für Arbeitnehmer im Katastrophenfall gelten, ist oft nicht das Gesetz, sondern der Tarifvertrag entscheidend
BERLIN taz ■ Wenn der Keller unter Wasser steht, hat man zunächst andere Sorgen. Doch irgendwann fragen sich auch bayerische und sächsische Arbeitnehmer: Bekomme ich eigentlich Lohn für die entgangene Arbeitszeit?
Zu unterscheiden sind drei Konstellationen. Im ersten Fall kommt der Arbeitnehmer zwar zum Arbeitsplatz, doch dieser steht unter Wasser. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) muss hier der Arbeitgeber den Lohn für die angebotene Arbeit bezahlen, auch wenn der Beschäftigte faktisch nichts zu tun hat.
Diese gesetzliche Regelung gilt allerdings nur dann, wenn Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge nichts anderes vorsehen. Oft enthalten Tarifverträge Regeln, die die Lohnzahlung bei Ausfall der Arbeitsstätte auf zum Beispiel zehn Stunden pro Woche beschränken. Typisch ist auch eine Bestimmung, nach der die Beschäftigten verpflichtet sind, jetzt „andere zumutbare Arbeit“ zu leisten. Und bei Hochwasser gibt es wohl genug zu tun, bis der Arbeitsplatz wieder trocken ist.
Lohn könnte es laut BGB auch geben, wenn der Arbeitnehmer sich von der Arbeit abmeldet, weil er zu Hause seinen überfluteten Keller retten muss. Wie bei einer Krankheit könnte dies in dringenden Fällen als unverschuldete Arbeitsverhinderung angesehen werden.
Doch auch hier sind abweichende Regelungen möglich. So enthalten Tarifverträge oft eine abgeschlossene Liste der Fälle, in denen der Lohn ohne Arbeitsleistung bezahlt wird. Die Rettung von Hab und Gut nach einer Naturkatastrophe ist dabei meist nicht erfasst. Dann hilft nur noch die Kulanz des Arbeitgebers.
Auf Kulanz sind die Arbeitnehmer auch angewiesen, wenn der Weg zur Arbeit unmöglich ist – zum Beispiel weil die Straßen überschwemmt sind. In solchen Fällen, so entschied 1982 das Bundesarbeitsgericht, liegt schon gar kein persönlicher Grund der Arbeitsverhinderung vor, da die ganze Bevölkerung gleich betroffen ist. Ein Anspruch auf Lohnzahlung besteht also nicht.
CHRISTIAN RATH
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