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Mörderischer Alltag

Einen Tag nach dem vereinbarten Abzug israelischer Truppen sterben erneut fünf Menschen. Bruder des Chefs der Volksfront erschossen

BETHLEHEM ap/afp/rtr ■ Wenige Stunden nach dem israelischen Abzug aus Bethlehem wurden gestern bei Feuergefechten in den Palästinensergebieten mindestens fünf Menschen getötet. Eine Spezialeinheit der israelischen Armee erschoss am frühen Abend den Bruder des Chefs der PFLP in Ramallah. Der 22-Jährige Mohammed Saadat wurde durch einen Kopfschuss getötet, als Soldaten ihn vor seinem Haus festnehmen wollten, wie palästinensische Sicherheitsdienste erklärten. Der Chef der Volksfront, Ahmed Saadat, ist seit Mai in Jericho inhaftiert.

Zwei weitere Palästinenser starben, als gestern morgen die israelische Armee mit Panzern und Jeeps und unterstützt von Kampfhubschraubern in das Flüchtlingslager von Tulkarem vorrückte. Einer der beiden Toten sei Mitglied der Brigaden der Al-Aksa-Märtyrer gewesen, so die Fatah-Organisation von Jassir Arafat. Die israelische Armee begründete ihr Vorgehen, Tulkarem diene der Hamas und dem Islamischen Dschihad als „Stützpunkt des Terrorismus“.

Im südlichen Gaza-Streifen starben bei einem Schusswechsel ein unbeteiligter 15-jähriger Palästinenser und ein israelischer Soldat. Ein Anrufer bekannte sich im Namen der Palästinenserorganisation Hamas, den Soldaten erschossen zu haben. Die Hamas lehnt den zwischen Israel und den Palästinensern vereinbarten Rückzugsplan ab und reklamiert ein Widerstandsrecht, solange die israelische Besetzung andauert. Vertreter Israels und Palästinas hatten sich am Sonntag auf einen Abzug israelischer Truppen aus Bethlehem und Teilen des Gaza-Streifens geeinigt. Der Rückzug ist an die Bedingung geknüpft, dass die palästinensische Polizei in den von ihr kontrollierten Gebieten Ruhe und Ordnung durchsetzen kann. Außerdem soll die palästinensische Autonomiebehörde Angriffe auf israelische Ziele verhindern.

Nach den gestrigen bewaffneten Zwischenfällen scheinen jedoch die Voraussetzungen für einen weiteren Abzug der israelischen Armee aus den besetzten Gebieten in Frage gestellt. Das Abkommen ist die erste konkrete Vereinbarung zwischen beiden Konfliktparteien seit Juni 2001.

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