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Keiner kann den Robin Hood spielen

Alle Parteien einig: Auch Reiche sollen den Wiederaufbau in den Flutgebieten finanzieren. Vorschläge gibt es viele – doch die meisten bringen kein Geld. Halbwegs lukrativ ist bisher nur die vom Kanzler angekündigte Verschiebung der Steuerreform

von ULRIKE HERRMANN

Wie gerecht sind die Finanzierungspläne für die Flutgebiete? Diese Frage dominierte auch gestern. Bundeskanzler Gerhard Schröder verteidigte seinen Plan, die nächste Stufe der Steuerreform auf 2004 zu verschieben. Anders, als die Union behaupte, würden nicht nur kleine Unternehmen und Normalverdiener belastet. Auch die Reichen müssten zuzahlen: Der Spitzensteuersatz sinke ebenfalls ein Jahr später von 48,5 auf 47 Prozent. „Das allein wird 1,2 Milliarden Euro mobilisieren“, sagte der Kanzler. Insgesamt soll die Verschiebung der Steuerreform 6,9 Milliarden Euro erbringen.

Dennoch zeigte sich Schröder bereit, den Vorschlag der Union aufzunehmen, auch die großen Konzerne mit Steuererhöhungen zu belasten: „Uns ist jeder zusätzliche Beitrag recht.“ Doch wie diese Zusatzsteuer konkret aussehen könnte, dazu äußerte sich der Kanzler nicht. Und auch die Union will ihre definitiven Forderungen erst heute festlegen.

Diskutiert werden bislang drei Varianten:

1. Die Körperschaftsteuer wird von derzeit 25 Prozent einmalig um 1,5 Prozent erhöht. CDU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann rechnet pro Prozentpunkt mit etwa 800 Millionen Euro Zusatzeinnahmen. Grünen-Chef Fritz Kuhn sagte, seine Partei sei „offen“ für diesen Vorschlag. Die grüne Steuerexpertin Christine Scheel glaubt allerdings nicht an einen Geldsegen. Sie wies darauf hin, dass das Aufkommen aus der Körperschaftsteuer momentan sowieso schon „gegen null“ tendiere.

2. Kapitalgesellschaften müssen ihre Veräußerungsgewinne wieder versteuern, wenn sie ihre Beteiligungen an anderen Unternehmen verkaufen. Dies haben die christdemokratischen Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und Sachsen gefordert, Wolfgang Böhmer und Georg Milbradt. Doch Finanzminister Eichel hat bereits abgewinkt. Auch Scheel warnte gestern: Durch den Kursverfall an den Börsen seien viele Beteiligungen in die Verlustzone geraten. Statt zu zahlen, würden die Unternehmen dann weitere Steuergutschriften erhalten. „Das kann nach hinten losgehen“, so Scheel zur taz.

3. Superkompetenzkandidat Lothar Späth will die Steuerreform nicht verschieben – sondern die Bundesbankgewinne einsetzen, um die Flutschäden zu beseitigen. Auch hier sieht Scheel Probleme: „Diese Milliarden sind doch schon längst im Haushalt eingeplant.“

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