: Bilanzskandal bei der Bank
Wirtschaftsprüfer Achim Walther soll die Bankgesellschaft bereits 1997 vor Immobilienfondsrisiken gewarnt haben. Daraufhin verlor er seinen Auftrag, den bekam dann die Prüfungsgesellschaft BDO
von RICHARD ROTHER
Der Berliner Bankenskandal weitet sich zu einem handfesten Bilanzskandal aus, in den möglicherweise nicht nur Banker, sondern auch hochrangige Politiker verwickelt sind. Der Banken-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses will jetzt prüfen, inwieweit Politiker in den Bilanzskandal verstrickt sind. „Es werden alle vorgeladen, die politisch verantwortlich sind und Erkenntnisse, die sie schon früher hatten, nicht in politisches Handeln umsetzten“, sagte gestern der Ausschussvorsitzende Klaus-Uwe Benneter (SPD) nach einer Ausschusssitzung.
Konkret geht es um einen Sonderprüfbericht, den der Wirtschaftsprüfer Achim Walther 1997 für die Immobilientochter der Bankgesellschaft IBG erstellt hatte. Medienberichten zufolge soll der Prüfer bereits damals vor den Risiken der Immobilienfonds der Bankgesellschaft gewarnt haben, die letztlich zur Fast-Pleite der Bank und zur milliardenschweren Risiko-Übernahme durch das Land geführt hatte. Walther soll festgestellt haben, „dass die Bank durch ihre Garantien den Fonds gegenüber so hohe Risiken eingegangen ist, dass sie sie auf Dauer möglicherweise gar nicht tragen kann“. Nachdem Walther dieses vernichtende Urteil abgegeben habe, sei er von seinem Prüfauftrag entbunden worden. Danach testierte die international operierende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO die Bilanzen der IBG. Dabei soll die BDO Warnungen ignoriert und Bilanzen wissentlich falsch testiert haben.
Seine Brisanz erhält der Bericht durch den Umstand, dass die Bankgesellschaft im Jahr 1997 noch die Notbremse hätte ziehen können. Zwar war das Immobilienfondsgeschäft, bei dem Kunden mit marktunüblichen Sonderkonditionen gelockt worden waren, schon enorm aufgebläht worden – doch die Bankgesellschaft setzte das Geschäft auch nach Walthers Sonderprüfung fort. „Wir müssen klären, wer von diesem Bericht Kenntnis hatte und was getan wurde“, so Benneter.
In den Aufsichtsräten der Bankgesellschaft saßen mehrere Spitzenpolitiker der ehemaligen großen Koalition. Medienberichten zufolge soll der frühere Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) Hinweise auf Bilanzmanipulationen erhalten, aber nicht reagiert haben. Der Untersuchungsausschuss will jetzt den Wirtschaftsprüfer Walther zur nächsten Sitzung in zwei Wochen vorladen.
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte gestern, er habe im Dezember 2001 einen Brief Walthers erhalten. Das Schreiben habe Hinweise auf Schadenersatzansprüche der Bankgesellschaft gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO enthalten. Er habe Walthers Brief an die Finanzverwaltung weitergeleitet.
Der Vorsitzende der Berliner CDU-Fraktion, Frank Steffel, schoss sich gestern auf die Wirtschaftsprüfer ein. Sollten sich die Vorwürfe gegen die BDO bewahrheiten, müsse die Bankgesellschaft Schadenersatzforderungen gegen die verantwortlichen Wirtschaftsprüfer stellen, sagte Steffel.
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