: Spur führt nach Hamburg
Hamburger Polizei verhaftet zwei mutmaßliche Hintermänner der irakischen Botschaftsbesetzer. Generalbundesanwalt prüft Übernahme des Verfahrens
Im Zusammenhang mit der Besetzung der irakischen Botschaft sind am Wochenende in Hamburg zwei Hintermänner festgenommen worden. Wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am Sonntag mitteilte, prüft Generalbundesanwalt Kay Nehm die Übernahme des gesamten Verfahrenskomplexes, weil er nach laut Strafgesetzbuch für „Angriffe auf Organe und Vertreter ausländischer Staaten“ zuständig sei. Die Berliner Justizbehörden bereiteten ein entsprechendes Ersuchen an das Bundesjustizministerium vor, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft.
Bei den Festgenommenen handelt es sich um den 52-jährigen Geschäftsmann M. und seinen Sohn E. Der seit 25 Jahren in Deutschland lebende M. fungierte als Sprecher der „Demokratische irakische Opposition Deutschlands“ (Diod) und stand nach Informationen der taz während der Besetzung in telefonischem Kontakt mit den Geiselnehmern. M. soll auch ein Bekennerschreiben der Diod per Fax verschickt sowie über Mobiltelefon die Polizei kontaktiert haben. Zur Besetzung der Botschaft hatte M. vor seiner Festnahme der taz gesagt: „Die Gruppe hatte den Auftrag einer friedlichen Aktion.“ Die Diod habe die Öffentlichkeit wachrütteln wollen: „Den Deutschen ist immer noch nicht klar, dass Tod und Folter das tägliche Schicksal meiner Landsleute im Irak sind“.
Wie die Ehefrau von M. der taz sagte, sei ihr Mann Mitte der Siebzigerjahre im Irak zum Tode verurteilt worden, habe aber vor seiner Verhaftung fliehen können. Zuvor sei er bereits drei Monate in Syrien inhaftiert gewesen. Die Familie gehöre nicht der kurdischen Minderheit an. Sie selbst sei bislang nicht von der Polizei vorgeladen worden, sagte die Frau. „Ich habe auch nie etwas mit den politischen Aktivitäten meines Mannes zu tun gehabt.“ Ihr Sohn sei wie ihr Mann in der Nacht zu Samstag festgenommen worden.
Nach Polizeiangaben liegen inzwischen Haftbefehle gegen die beiden Männer vor. Ihnen wird Anstiftung zur Geiselnahme vorgeworfen. Die beiden Verhafteten wurden nach Berlin gebracht. Die Hamburger Polizei hat den Berliner Kollegen nur Amtshilfe geleistet. „Konkrete Verdachtsmomente für eigenen Ermitllungen haben wir nicht“, so der Sprecher.
Die irakische Botschaft in Zehlendorf war am vergangenen Dienstag von fünf Diod-Mitgliedern besetzt und noch am Tag von der Polizei gestürmt worden. Gegen die fünf festgenommenen Iraker waren unter anderem wegen gemeinschaftlicher Geiselnahme Haftbefehle erlassen worden. Allein für Geiselnahme droht eine Mindeststrafe von fünf Jahren Haft. ANETT KELLER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen