: Hausverbot für Tankstelle
Landgericht bestätigte Einstweilige Verfügung des Esso-Konzerns gegen Greenpeace-Mitarbeiter wegen einer Protestaktion zur Klimazerstörung
Es ist der erste Fall, in dem einer von der Umweltschutzorganisation Greenpeace angegriffener Konzern gegen einzelne Mitarbeiter persönlich und repressiv vorgeht. Dennoch: Das Hamburger Landgericht hat gestern nach mündlicher Verhandlung auf Antrag des Esso-Konzerns eine Einstweilige Verfügung gegen den Greenpeace-Klima-Experten Karsten Smid bestätigt. Unter Androhung eines Zwangsgeldes von 250.000 Euro ist Smid weiterhin untersagt, Zentrale, Raffinierien und Tankstellen des Konzerns „zum Zwecke der Meinungskundgabe rechtswidrig zu betreten, zu besteigen oder sich darauf, darunter oder darin aufzuhalten“. Smid nach dem Beschluss: „Wir werden uns nicht davon abhalten lassen, weiter gegen Klimakiller vorzugehen.“
Anlass des Zivilverfahrens ist eine Greenpeace-Aktion in der Hamburger Esso-Konzernzentrale in der City-Nord Ende Mai, bei der AktivistInnen das Gebäude erklommen haben und den Schriftzug Esso durch die Umwandlung der beiden „S“ in Dollarzeichen zu E$$0 umgestalteten. Damit sollte auf die Mittäterschaft des Mutterkonzerns Exxon bei der Zerstörung des Klimas durch das Treibgas Kohlendioxid hingewiesen werden, das bei der Verbrennung von Öl und Benzin entsteht.
Das Landgericht hatte auf Antrag von Esso-Deutschland nach der Aktion gegen die „Organisation Greenpeace“ und gegen den Klima-Experten Karsten Smid im Eilverfahren zwei Einstweiligen Verfügungen (EV) erlassen, um eine Wiederholung zu verhindern. Smid hatte dagegen Widerspruch eingelegt, weil er zwar als Greenpeace-Klima-Experte bei der Aktion der Presse als sachkundiger Ansprechpartner zur Verfügung gestanden, mit der eigentlichen Aktion aber nichts zu tun gehabt habe. Er habe weder mitgeplant, noch bei der Dachbesteigung mitgewirkt.
„Richtig führt uns dieser Rechtsstreit im Kampf nicht weiter“, erklärte Richter Gräfe. Denn die Verfügung gegen Greenpeace habe weiter Bestand, und welche Rolle Smid gespielt habe, sei für ihn sekundär. Gräfe hätte es spannender gefunden, wenn Greenpeace als Organisation Widerspruch eingelegt hätte, um überhaupt die Rechtmäßigkeit derartiger Aktionen klären zu lassen.
Ungeklärt blieb gestern auch die für Greenpeace-Anwalt Michael Günther wichtige Frage, ob es im Fall der Klimazerstörung ein Notwehr- und Selbsthilferecht gebe – „wenn man anders an den Konzern nicht herankommt und der Staat untätig bleibt“.
Vergeblich versuchte das Gericht auf Esso einzuwirken, den Antrag auf Verfügung zurückzunehmen. Doch die Manager des Mineralölkonzerns blieben bei ihrer harten Linie. Das Gericht folgte im Tenor. Smid kündigte nach dem Urteil an: „Wir werden Rechtsmittel einlegen.“
KAI VON APPEN
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