: Beachtung stört
Fachkongreß zu Aufmerksamkeitsstörungen in Hamburg erarbeitet einen Diagnoseleitfaden
„Jede öffentliche Diskussion, auch eine kritische, über Ritalin und Aufmerksamkeitsstörungen (ADS) führt letztlich nur dazu, dass noch mehr Eltern verunsichert sind und denken, ihr Kind hat die Krankheit“, sagt eine Pädagogin. Deshalb wolle sie gar nichts zu dem Thema sagen.
Gut ein Jahr ist es her, dass in Hamburg ein Streit um den Sinn und Unsinn der medikamentösen Behandlung aufmerksamkeitsgestörter Kinder mit dem dämpfend wirkenden Medikament entbrannte.
Am Wochenende fand ein Fachkongress über Diagnose und Therapiemöglichkeiten statt. Im Vorwege gab es eine Pressekonferenz für ausgewählte Medienvertreter. Was als Meldung dabei heraus kam, führt dazu, die ADS-Diagnose wieder bekannter zu machen. So sind laut dpa Jungen häufiger von ADS betroffen als Mädchen. Das lege nahe, so der in der Meldung zitierte Kölner Psychiater Manfred Döpfner, dass die Störung zumindest zum Teil genetisch bedingt sei. Das Risiko, dass ein Kind erkranke, steige zudem durch Zigaretten- und Alkoholkonsum in der Schwangerschaft. Außerdem seien Kinder von allein Erziehenden öfter betroffen.
Für die schwierige Diagnose der Aufmerksamkeitsstörungen, die häufig mit Hyperaktivität (ADHS) einhergehe, haben die Psychiater einen Diagnoseleitfaden erarbeitet, der sowohl Familien als auch die Schule mit einbezieht. „Bei 30 Prozent der Kinder ist eine Behandlung mit Medikamenten unverzichtbar“, sagte Döpfner.
Sie sei jedoch nicht bei allen Kindern nötig und zum Teil mit deutlichen Nebenwirkungen verbunden. „Sie sollte daher mit einer Verhaltenstherapie verbunden werden.“
Um die Datenbasis über die Störung zu verbreitern, läuft derzeit an der Berliner Charite eine Befragung betroffener Eltern. „Die bisher ausgewerteten rund 800 Fragebögen zeigen uns, dass die typische betroffene Familie zwei oder mehr Kinder hat, also mehr als der Durchschnitt“, sagte Barbara Högl vom Arbeitskreis Überaktives Kind (Berlin).
Hamburger Eltern soll der neue „Leitfaden ads/adhs“ mit einer Zusammenstellung typischer Symptome, Diagnostik und möglichen Therapien helfen.KAIJA KUTTER
Weitere Informationen im Internet unter: www.ads-norderstedt.de
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