Wirtschaftsstaatssekretär unter Druck

Antrag auf Befangenheit gegen Alfred Tacke im umstrittenen Fusionsfall von E.ON und Ruhrgas zurückgewiesen

BERLIN taz ■ Schwere Vorwürfe haben die Gegner des Zusammenschlusses der Energiekonzerne E.ON und Ruhrgas gegen Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke erhoben. Während der Anhörung, die wegen gerichtlich gerügter Fehler gestern in Berlin zum zweiten Mal stattfand, wurde Tacke von verschiedenen Anwälten als „befangen“ bezeichnet. Tackes Kollege, Staatssekretär Axel Gerlach, wies die Anträge auf Befangenheit aber zurück.

Tacke, der das Fusionsverfahren im Auftrag von Wirtschaftsminister Werner Müller leitet, könne nicht frei entscheiden, argumentierten die Konkurrenten von E.ON, die die Fusion verhindern wollen. Als Belege benannten ihre Anwälte Tackes mögliche Verwicklungen in die Geschäfte von E.ON. Als Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn AG sei Tacke für ein Übernahmeangebot für die E.ON-Tochter Stinnes mitverantwortlich. Die Zustimmung von E.ON begründe eine moralische Verpflichtung des Staatssekretärs gegenüber dem Energiekonzern, so die Logik der Argumentation.

Gegen das Votum des Bundeskartellamtes hatte Tacke die Fusion von E.ON und Ruhrgas genehmigt. Auf Antrag mehrerer kleinerer Konkurrenten entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) jedoch, die Zustimmung sei wegen Formfehlern ungültig.

E.ON-Chef Ulrich Hartmann erläuterte gestern, warum sich seit der ersten Anhörung eine neue wirtschaftspolitische Lage ergeben habe. Der Wettbewerb auf dem Energiemarkt werde durch den Aufstieg von E.ON zum größten privaten Strom- und Gaskonzern Europas nicht beeinträchtigt – im Gegenteil. Weil die Ölkonzerne BP, Exxon und Shell als Anteilseigner bei der Ruhrgas ausscheiden würden, könnten sie in Zukunft erstmals als zusätzliche Konkurrenten auf dem Gasmarkt auftreten.

Der Fortgang der Angelegenheit könnte nun so aussehen: Staatssekretär Tacke erlässt eine neue Genehmigung, E.ON beantragt die Aufhebung der einstweiligen OLG-Verfügung, und die Gegner beantragen eine neue Verfügung. Ausgang offen. KOCH