Offiziere mit Wahlkampfauftrag

Jahrelang wirkten sie im Verborgenen – nun haben sich sozialdemokratische Soldaten werbend zu Wort gemeldet. Der Verteidigungsminister Struck empfängt die Ini „Soldaten für Schröder“ – und will kein Verteidigungsminister mehr sein

von CHRISTIAN FÜLLER

Der Bundesminister der Verteidigung Peter Struck (SPD) trat gestern vor die Presse. Er wurde in seiner Funktion als Minister vorgestellt – und das war’s dann auch mit Militär. Ab diesem Moment wollte Peter Struck nur noch Sozialdemokrat sein. Der chamäleonhafte Auftritt lag nicht daran, dass der Minister sich seines Amtes schämen würde. Struck assistierte bei einer gezielten Wahlprovokation des Willy-Brandt-Hauses – dazu durfte er nur noch Parteisoldat sein.

Struck folgte dem Angebot einer Initiative „Soldaten für Schröder“, die sich wenige Tage vor der Bundestagswahl zum Kanzler und Sozialdemokraten Gerhard Schröder bekennen wollte. Wahlwerbung von Ministern in ihrem Amt aber ist kurz vor der Wahl nicht opportun. Und das Gesetz erlegt den Soldaten auch parteipolitische Zurückhaltung auf. Also sagte Struck knapp: „Ich trete hier als Sozialdemokrat auf.“

„Ich hätte nichts gegen eine Initiative ‚Soldaten für Stoiber‘“, befand er frech, „aber dafür finden sich offenbar keine Soldaten.“ Strucks Replik hatte ihre Gründe. Noch vor dem gestrigen Termin schäumten konservative Militärs wie etwa der ehemalige Generalinspekteur Hans-Peter von Kirchbach über die Wahlwerbung der Kameraden. Dieter Wellershoff, selbst einmal oberster Soldat, nannte die Aktion „geschmacklos“.

Die Werbesoldaten konnten die Aufregung gar nicht verstehen. Ihr Sprecher, der General a. D. Peter Heinrich Carstens, erklärte verwundert, die Ini wolle lediglich, dass die begonnenen Reformen zu einem guten Ende kämen. Dazu bedürfe es einer weiteren SPD-Amtsperiode – Struck ergänzte: „mindestens einer weiteren Wahlperiode“.

Die soldatische, aber private Initiative besteht aus etwas über 100 Soldaten, zumeist hohen Ranges. Da der Dienstgrad amtierender Soldaten bei politischen Äußerungen nicht genannt werden darf, wurden die aktiven Offiziere im Werbefaltblatt nur mit einem Sternchen gekennzeichnet. In der Fußnote hieß es dazu: Der Rang wird nicht genannt, um dem Soldatengesetz Genüge zu leisten. Exoffiziere dagegen paradieren in der Wahlwerbung als Fregattenkapitän, Oberst oder General – jeweils „a. D.“. Manch bekennender Sozialdemokrat in Uniform, auf den die deutsche Geschichte so lange warten musste, war übrigens empört über die Anwürfe der ehemaligen Generalinspekteure. „Ich lasse mir als Soldat keinen Maulkorb umhängen“, sagte etwa Volker Barth. „Ich nehme lediglich meine Rechte als Staatsbürger in Uniform wahr.“ Gestern tat Barth es ohne Uniform – sonst hätte er Probleme mit dem Minister bekommen. Aber der war ja nicht da.

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