Rosi Rolands Bremer Klatschgeschichten
: Schröder Kurier, Stoiber Kurier

Als Hartmut Perschau, der Bremer CDU-Spitzenmann, am 28. August den Weser Kurier aufschlug, da war für ihn der Tag gelaufen: Schröder-Foto 120 x 200 Millimeter groß auf der ersten Seite, Schröder-Interview Seite 3 mit großem Protraitfoto (135 x 200 Millimeter). Und dann die Schlagzeile: „9.000 wollten den Kanzler sehen“ auf Seite 13, Foto 140 x 200 Millimeter – der Kanzler reißt darauf die Arme siegessicher hoch. Das war es, das rote Bremen, das einem Schwarzen keine Chance lässt.

Beim CDU-Stammtisch in Schwachhausen klagte Perschau Anfang der Woche noch sein Leid: In Bremen seien 90 Prozent der Journalisten rot-grün. „Ich kenne beim Weser Kurier keinen einzigen Journalisten, der der CDU nahe steht.“ Und er glaube, dass auch der Chefredakteur eben jener Zeitung ihm keinen nennen könne.

Und dann der Tag, so wunderschön wie kein anderer: 4. September 2002, der Weser Kurier erscheint als Stoiber Kurier. Wahlkämpfer Edmund Stoiber 120 x 200 Millimeter groß auf der ersten Seite, Stoiber-Portraitfoto (135 x 200 Millimeter) auf Seite 3 und gleich noch ein Stoiber-Foto, Stoiber-Interview Seite 3, die ganze Seite 3 nur Stoiber, und dann „Jubelstürme für den Kandidaten“ auf Seite 13: Foto 140 x 200 Millimeter, der Kandidat reißt natürlich siegessicher die Arme hoch.

Das hätte Bremens CDU-Spitzenmann Hartmut Perschau sich nicht vorstellen können, dass Presse in Zeiten der großen Koalition so funktioniert. Da wurde die journalistische Freiheit der Redaktion mit der Pipette ausgewogen: Gleiche Fotos in exakt derselben Größe an der gleichen Stelle. Die Chefredaktion hatte für den Bericht die Weisung gegeben, dass die Stimmung bei Stoiber genauso jubelnd sein müsse wie bei Schröder. Und als der Redakteur einige kleine Beobachtungen erwähnte, die nicht auf dieser Linie lagen, legte der Lokalchef selbst Hand an und strich alles raus, was nicht auf der beschlossenen Linie lag. Selbst die Schlagzeilen mussten den selben Tenor (Engagement für Arbeitsplätze) haben: „Schröder will Eisfabrik Motta helfen“ hieß es, fünf-spaltig. Dann „Stoiber: Airbus oliv soll Jobs sichern“, fünf-spaltig.

Auch Stoiber hatte mit derartigem Proporz-Journalismus nicht gerechnet. Der CDU-Wahlkämpfer wollte wie ein echter Staatsratsvorsitzender nur auf schriftlich vorgelegte Fragen antworten. Das klärende Gespräch hatte wohl Erfolg, denkt sich Rosi Roland