: Starke Pippi-Mädchen
Ein Traum, der lang währt, wird endlich war. In Findorff hat eine Bürgerinitiative dreieinhalb Jahre für ein Spielhaus gekämpft: Jetzt steht die Villa-Kunterbunt
Das neue Spielhaus in der Herbststraße erstrahlt ockerfarben-getupft im warmen Sonnenlicht; auf dem riesigen Spielplatz rennen und krakeelen zahlreiche Kinder; auf einer Holzterasse vor dem Haus sitzen zwei Betreuerinnen mit vier Mädchen auf den Knien, die auf Papier und Tisch mit Tusche malen. Alles wirkt sehr idyllisch.
Dem war aber nicht immer so, erzäht Leiterin Ursula Becker. „Das neue Haus ist so schön wie jetzt erst seit ein paar Monaten.“ Der voherige Bau war ein ziemlich deprimierend wirkender Kasten in blauweiß, das Flachdach war durchlässig, die Wände schimmelten, die sanitären Anlagen bedurften dringend einer Erneuerung. Das Gebäude wurde zwar noch genutzt, so hatte der Spielkreis „Sonnenstrahl“ und eine Mädchengruppe hier ihren Treffpunkt. Aber den großen Bedarf, der auch durch andere Gruppen bestand, konnte der marode Bau nicht decken. Die „Bürgerinitiative Kinderspielplatz Herbststraße“ entwickelte deshalb ein Konzept für die Sanierung und Erweiterung des Hauses, so dass Spielkreis, Mädchen- und Jungengruppen plus Eltern, abends Kurse, Diskussionen und kulturelle Veranstaltungen hier Platz finden sollten.
Die Finanzierung dieses Konzepts stellte sich jedoch als außerordentlich schwierig heraus. Obwohl der Stadtteilbeirat Findorff und die „Stiftung wohnliche Stadt“ rund 50.000 Euro beisteuerten fehlte ein Betrag von 34.800 Euro. Insgesamt dreieinhalb Jahre kämpfte die Bürgerinitiative für ihr Vorhaben. Das ganze Projekt drohte schon zu scheitern, da bereits sicher gelaubte Gelder durch die zeitliche Verzögerung auf einmal anders verwendet werden sollten. Wenige Tage vor Ablauf der Frist, wurden die Gelder aber doch noch bewilligt, das Spielhaus konnte tatsächlich gebaut werden.
Das neue Gebäude heißt „Astrid Lindgren-Haus“ und wurde vor wenigen Monaten eröffnet. Es gibt jetzt zwei große Spielzimmer, eins davon ist angebaut worden und in rot, blau und knallgelb der Villa Kunterbund nachempfunden, Küche und Büro sind renoviert, die Toiletten neu, es gibt ein neues Klettergerüst und Autoreifen auf dem Spielplatz.
Die besondere Nähe zu der Autorin kommt durch die Mädchengruppe zustande, die sich Pippi Langstrumpfs Lebensweise zum Vorbild gemacht hat. So ist auch ihr Motto: „Starke Mädchen braucht das Land.“ Außerdem haben sie „keine Lust auf Jungs“.
Gemeinsam mit der Kindergruppe fühlen sich Pippis Erben jedenfalls offensichtlich pudelwohl in ihrer Villa Kunterbunt. Nur ein einzelner Junge motzt, weil er als einer der wenigen kein Dreirad mehr abbekommen hat. Als seine Unzufriedenheit schließlich in Geheul ausartet, überlässt ihm endlich eine kleine blond Gelockte ihr Rad. So ist es hier eben, im „Astrid Lindgren-Haus“. Charlotte Salow
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