piwik no script img

Afrika streitet über Gen-Food

Darf die Hungersnot im südlichen Afrika mit genverändertem Mais bekämpft werden? UN-Stellen sehen kein Problem in den Lieferungen aus den USA. Und auch der Widerstand der Regierungen in Sambia und Simbabwe beginnt zu bröckeln

aus Johannesburg MARTINA SCHWIKOWSKI

Vollmundig brüstete sich Sambias Präsident Levy Mwanawasa vergangene Woche auf dem Weltgipfel in Johannesburg, sein Volk werde er nicht als Versuchskaninchen missbrauchen lassen. Genmanipulierte Maislieferungen werde er nicht als Hungerhilfe für seine Not leidende Bevölkerung zulassen. „Wir mögen arm sein und keine Nahrung haben, aber wir werden unsere eigenen Leute nicht diesem Risiko aussetzen“, sagte er.

Das UN-Welternährungsprogramm WFP ist hingegen der Meinung, der von den USA ins südliche Afrika gelieferte Genmais sei „sicher“, denn er habe alle Kontrollbestimmungen durchlaufen, die in den USA Pflicht sind. „Schließlich essen auch die Amerikaner diesen Mais“, sagt WFP-Sprecherin Brenda Barton. Nick Parsons von der UN-Agrarorganisation FAO meint ebenfalls: „Auch nach Jahren gibt es keine Beweise für Gesundheitsschäden.“

13 Millionen Menschen im südlichen Afrika werden nach UN-Schätzungen Ende 2002 akut vom Hunger bedroht sein, und Hilfe für sie muss jetzt in die Region. In Sambia hungern bereits rund 2 Millionen Menschen – ein Fünftel der Bevölkerung. Die Regierung steht vor der Wahl, Genmais oder Hunger zu dulden. Lobbygruppen gegen genveränderte Nahrungsmittel behaupten zwar, Länder wie Uganda, Tansania und Indien könnten nicht veränderten Mais liefern – aber die Zeit drängt, und es lagert schon tonnenweise genveränderter Mais des WFP in Sambia. „Leute brechen sogar in unsere Lager ein, damit sie den Mais essen können“, sagt Barton.

Kurios ist nach Meinung der Befürworter, dass die Debatte um den Mais erst jetzt Wellen schlägt, obwohl Länder wie Sambia und Simbabwe seit Jahren diese Art von Mais als Hilfslieferungen akzeptiert haben. Erst dieses Jahr lehnte Simbabwe ihn ab, und Sambia schloss sich an. Simbabwes Regierung hat Ende letzter Woche eingelenkt, und gestern wurde bekannt, dass der genveränderte Mais des WFP in Sambia sehr wohl verteilt wird – aber nur an Flüchtlinge aus Angola und Kongo.

Kritiker fürchten allerdings, die Maiskörner könnten von den Hungernden ausgesät werden und zur unkontrollierten Verbreitung genveränderter Maissorten auf den Feldern führen. Dies sei einfach zu verhindern, so die WFP-Sprecherin: entweder durch Mahlen der Körner in Mühlen oder durch Erhitzen. Aber wie viele Bauern wissen das schon? Und auf dem Weltgipfel fürchtete Vandanah Shiva aus Indien: Wenn Saatgutfirmen erst den Eintritt in Entwicklungsländer gesichert haben, würden der traditionelle Anbau und der lokale Markt zerstört.

Die Wissenschaftlerin Florence Wambugu aus Kenia, die dort demnächst genveränderte Süßkartoffeln aus den USA aussäen will, sieht dagegen überhaupt keine Gefahr in den Multikonzernen. Diese seien wichtig für die Entwicklung Afrikas. „Afrika ist sehr artenreich, kann aber diese Reichhaltigkeit nicht nutzen und davon profitieren, da die technologischen Möglichkeiten nicht ausreichen“, meint sie. Viele afrikanische Länder seien der Gentechnologie gegenüber positiv eingestellt, zum Beispiel Südafrika und Nigeria. Modifizierte Nahrung soll nach den gesetzlichen Bestimmungen dieser Länder vor Ort produziert werden, um einer Importschwemme zuvorzukommen.

Verantwrtungsbewusste Regelungen und Kleinkredite, damit Bauern verbessertes Saatgut kaufen können und weniger Pestizide einsetzen müssen – darin liege der bessere Ansatz, findet Wambugu. Stattdessen aber kämen Lobbygruppen aus Europa nach Afrika und machten mit einem großen Budget ideologische Stimmung: „Die Debatte um genetisch veränderte Nahrung ist zu einem Geschäft geworden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen