Beckstein lässt es noch mal krachen

Innenminister-Kandidat spitzt sicherheitspolitische Vorstellungen der Union zu: Wer seinen Sohn Osama bin Laden nennt, wird ausgewiesen. Religionszugehörigkeit von Ausländern soll zentral registriert werden. Biometrische Daten sofort in die Papiere

von LUKAS WALLRAFF

„Der Beckstein ist schon immer eine ehrliche Haut gewesen“, sagte ein bekannter Berliner Journalist gestern vor dem Auftritt des bayerischen Innenministers in der Bundespressekonferenz. Er wurde nicht enttäuscht: Zwölf Tage vor der Wahl hat der Kompetenzmann der Union für innere Sicherheit auch den letzten Rest seiner Zurückhaltung abgelegt, um die er sich monatelang bemüht hatte, nachdem Kanzlerkandidat Edmund Stoiber ankündigte, einen Wahlkampf um die Mitte führen zu wollen.

Angesichts der knappen Umfragen und der großen Beliebtheit von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) bekam Günther Beckstein offenbar die Erlaubnis – oder Anweisung? – seines Chefs, im Endspurt doch wieder so kräftig vom Leder zu ziehen, wie man es von ihm in Bayern seit fünfzehn Jahren gewohnt ist.

Also beließ es Beckstein gestern nicht mehr bei seiner altbekannten Forderung, Ausländer schon bei Verdacht terroristischer Aktivitäten auszuweisen. Auch die Eltern eines neugeborenen Kindes aus Köln, die ihren Sohn Osama bin Laden nennen wollten, dürften nicht in Deutschland bleiben, wenn es nach Beckstein geht. Nicht das Standesamt sei bei einer solchen Namensgebung zuständig, sagte Stoibers Kompetenzmann, „so jemandem sollte der Aufenthalt beendet werden“.

Der rot-grünen Bundesregierung warf Beckstein vor, durch „eine Ausweitung der Zuwanderung und das bewusste Hinarbeiten auf eine multikulturelle Gesellschaft“ die innere Sicherheit zu gefährden. Die Terrorgefahren würden in der Öffentlichkeit, „aber auch von der Bundesregierung unterschätzt“.

Bei der Ausweisung von Ausländern müssten ähnliche Kriterien angelegt werden wie bei Demonstrationsverboten. Ein Beweis für ausgeführte oder geplante Straftaten sei dafür nicht erforderlich. „Das braucht mehrere Instanzen und mehrere Jahre“, sagte Beckstein, „so lange können wir nicht warten.“

Die Sicherheitspakete der Bundesregierung hält Beckstein deshalb für unzureichend. „Es kann doch nicht sein, dass in einem Jahr seit dem 11. September nur zwei Leute ausgewiesen wurden.“ Sollten seine Forderungen erfüllt und bei Verdacht abgeschoben werden, rechnet Beckstein damit, „dass es etliche hundert treffen kann“. Um potenzielle Gewalttäter besser kontrollieren zu können, will Beckstein Fingerabdrücke und biometrische Daten „sofort“ in Pässe und Personaleinweise einfügen – und nicht auf eine EU-weite Regelung warten, wie sie Innenminister Schily anstrebt. Zumindest bei der Erteilung von Visa für „Personen aus Gefährderstaaten“ seien diese Maßnahmen „national notwendig“.

Ebenfalls „unabdingbar“ ist für Beckstein die Registrierung der Religionszugehörigkeit im Ausländerzentralregister. Dies dürfe „nicht nur freiwillig“ geschehen, sondern sei notwendig, um die Rasterfahndungen zu erweitern und effektiver zu machen. „Das beste Raster wäre – aber das ist weder möglich noch zulässig –, wenn man Leuten ins Gehirn hineinschauen könnte.“

Er habe die Forderungen der Union „ganz bewusst in der entsprechenden Zuspitzung dargestellt“, sagte Beckstein am Ende seiner Ausführungen. Mit dem offiziellen Anlass der Pressekonferenz, nämlich den „Konsequenzen aus dem vereitelten Terroranschlag von Heidelberg“, hatte sein Vortrag wenig zu tun. Auch er könne „nicht behaupten“, räumte Beckstein ein, „dass man mit irgendeiner Maßnahme irgendeine Straftat hundertprozentig vermeiden kann.“

Egal. Hauptsache, er hat noch ein paar Prozente bei der rechten Stammwählerschaft geholt.