: Der Stempler
Einen „Internationalen Stempelworkshop“ zum Mitmachen veranstaltete der Maler Peter-Jörg Splettstößer 1981 im Kulturzentrum Weserburg. 21 Jahre später sind die Kunst-Stempel erneut zu sehen – im Museum und hinter Glas
Sie kamen mit der Post und aus aller Welt: Zitate, Zeichnungen, konkrete Poesie, Piktogramme. Rund 150 bildende KünstlerInnen, SchriftstellerInnen und KomponistInnen hatte der Worpsweder Maler Peter-Jörg Splettstößer 1981 aufgefordert, sich mit dem Entwurf eines Stempels an seinem Internationalen Stempelworkshop „Stempel=Zitat. Zitat=Stempel“ zu beteiligen.
126 Vorlagen kamen zurück, die danach gefertigten Stempel standen den „Workshop“-BesucherInnen zur freien Verfügung. Jetzt hat das Museum Neue Weserburg die gummi-beklebten Holzteile und die handgezeichneten Vorlagen nochmals ausgestellt, zusammen mit den Begleitschreiben der KünstlerInnen, einigen anderen Stempel-Kunst-Werken aus dem hauseigenen „Archive for Small Press & Communication“ und aktuellen Stempel-Arbeiten Splettstößers.
Die Bandbreite der beliebig reproduzier- und kombinierbaren Motive reicht von „fast lapidaren, aber kaum widerlegbaren Sätzen“ (O-Ton Splettstößer) über politische Plakate im Briefmarkenformat bis hin zum 263. Takt aus der Partitur von Wolfgang Klints „Meditation“. Klaus Staeck schickte einen Barcode für Scanner-Kassen mit daneben stehendem „Im Mittelpunkt steht der Mensch“, Erich Fried propagierte „Freie Wahl“ zwischen Rüstung und Leben. Der Argentinier Edgardo-Antonio Vigo, dessen Sohn von den Schergen der Diktatur verschleppt wurde, forderte „Set free Palomo“. Andere, wie Peter Kuhweide, ironisierten die deutsche Stempelwut: „Bescheinigung: Die Teilnahme an genehmen Aktionen bedarf keines formulierten Testats. Gez. PNG“.
Splettstößer ist noch heute ein Stempel-Fan, spielt mit den Variationen des gleichen Motivs. Doppeln, schichten, spiegeln, hauchen, pressen, ruckeln, wischen – kein Abdruck gleicht dem anderen. 40.000-mal griff Splettstößer 1981 zum Holzknauf, ehe der offizielle Katalog mit allen 126 Stempeldrucken fertig war.
Auch in der Weserburg selbst wurde damals gestempelt, was das Gummi hergab. Umdrehen, angucken, an der Wand die Vorlage suchen – für die BesucherInnen, die sich ihren eigenen individuellen „Katalog“ zusammenstempeln durften, war der „Workshop“ ein Kultur-Happening. Anders heute, wo die Stempel Reliquien gleich in Vitrinen liegen: „Diese künstlerische Mitmach-Aktion kann man nicht einfach wiederholen“, sagt Museumsdirektor Thomas Deecke.
Splettstößer selbst sieht das weniger dogmatisch. Zwar seien die Stempel und Motive auch für sich alleine Kunstwerke; erst durch das eigenhändige Stempeln jedoch bekomme der Betrachter einen direkten Bezug und Kontakt zu ihnen. „Ein zweiter ‚Workshop‘ wäre eigentlich angemessen“, sagt der Maler. Selbst Direktor Deecke weiß: „Ungestempelte Papiere sind nichts wert.“
Immerhin: Am letzten Tag der Ausstellung ist eine „museumspädagogische“ kurze Wiederauflage des Stempel-Happenings von 1981 geplant. Dafür lässt das Museum zurzeit alle 126 Stempel aus Splettstößers Sammlung duplizieren; unklar ist noch, ob auch eigene Stempel mitgebracht werden dürfen.
Armin Simon
„Internationaler Stempelworkshop“ – Ausstellung im Neuen Museum Weserburg, Teerhof 20, 15. September bis 17. November, Di-Fr 10-18 Uhr, Sa+So 11-18 Uhr. Stempel-Aktion am 17. November. Zur Ergänzung der Ausstellung sucht das Museum noch selbst gestempelte Bücher vom „Stempelworkshop“ 1981. BesitzerInnen können sich unter ☎ 04 21 - 59 83 90 melden.
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