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Harte Dollars für weiche Bank

Senat verhandelt nur noch mit zwei US-Investoren über den Verkauf der Bankgesellschaft. Die niedersächsische NordLB ist nicht mehr im Rennen. Kritiker fürchten sparkassenfreie Zone in Berlin

von RICHARD ROTHER

Im Poker um den Verkauf der Bankgesellschaft hat der Senat zwei Spieler vor die Tür gesetzt. Zumindest vorerst. Nicht mehr mit von der Partie sind nun die Sparkassengruppe im Verbund mit der Norddeutschen Landesbank (NordLB) sowie der US-Bieter W. L. Ross. Weitere Verhandlungen werden auf die beiden US-Investorengruppen BGB Capital Partners und Lone Star konzentriert. Damit wird erstmals in Deutschland der Verkauf einer großen öffentlich-rechtlichen Regionalbank, nämlich der zur Bankgesellschaft gehörenden Berliner Sparkasse, an einen privaten Investor wahrscheinlich.

Den beiden Bietern werde nun in einer weiteren, vertieften Prüfung Gelegenheit gegeben, eine endgültige Bewertung der Bankgesellschaft vorzunehmen, hieß es gestern in einer Mitteilung der Finanzverwaltung. Auf Grundlage weiterer Verhandlungen sollen die Bieter ein verbindliches Angebot für den Erwerb der Mehrheitsbeteiligung des Landes Berlin abgeben. Bis zum Jahresende will der Senat nun über den Zuschlag entscheiden.

Berlin besitzt rund 81 Prozent des maroden Bankkonzerns, der 2001 nur durch eine Finanzspritze in Höhe von 1,75 Milliarden Euro vor dem Aus bewahrt werden konnte. In diesem Jahr beschloss das Abgeordnetenhaus, eine Bürgschaft für Immobilienfondsrisiken des Konzerns von bis zu 21,6 Milliarden Euro zu übernehmen. Der rot-rote Senat verfolgt mit dem Verkauf der Bank vor allem zwei Ziele: Er will einen Teil des Geldes wieder einnehmen, das er durch die Finanzspritze für die Bank verloren hat. Zudem soll Berlin vor weiteren Risiken geschützt werden. Die unverbindliche Offerte, die NordLB und der Sparkassenverband abgegeben hatten, sei, so Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), „kein verhandlungsfähiges Angebot“ gewesen.

Hartmut Friedrich, Vizechef der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und Mitglied im Aufsichtsrat der Bank, kritisierte, die Entscheidung sei zu früh gefallen und „verkaufspsychologisch schwachsinnig“. Ginge der Bankkonzern an einen privaten Investor, würde auch die Marke Sparkasse wegfallen. Die dürfen nur öffentlich-rechtliche Institute führen. Dies könnte Kunden vergraulen, ein weiterer Arbeitsplatzabbau wäre die Folge. „Es kann nicht sein, dass Berlin sparkassenfreie Zone wird.“

Die Bürgerinitiative „Berliner Bankenskandal“ reagierte entsetzt: „Damit bestätigen sich unsere schlimmsten Befürchtungen“, so Birger Scholz von der Initiative. Die Risiken verblieben beim Land, während der lukrative Teil der Bank verscherbelt werde. Vorteile könne sich davon nur die „Filz- und Korruptionsfraktion der Berliner Politik“ erwarten: „Wenn die Bank verkauft ist, kräht kein Hahn mehr nach dem Skandal.“

Der PDS-Finanzexperte Carl Wechselberg verteidigte hingegen die Entscheidung. Die Lektion aus dem Bankendesaster sei, mit der Privatisierung künftige Risiken abzuwenden. Die Erfüllung sozialpolitischer Funktionen, die die Sparkasse übernehmen solle, könne man auch Privaten vertraglich auferlegen.

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