piwik no script img

Etat der Truppe eiert

Fuhrpark der Bundeswehr wird zusehends niedlicher: Sie bekommt nun „Igel“ statt „Marder“ oder „Panther“. Was die „Meteor“-Rakete angeht, so hat man dafür eigentlich schon kein Geld mehr

von ULRIKE HERRMANN

Die Bundeswehr hat demnächst ein neues Tierchen in ihrem Stall: den „Igel“. Der Haushaltsausschuss des Bundestags stimmte gestern der Beschaffung dieses neuen Schützenpanzers zu. Nur die PDS entschied sich gegen das Projekt.

Der „Igel“ ist eine modernisierte Variante des „Marders“, der bereits seit 30 Jahren im Einsatz ist und nun langsam ausgetauscht wird. Die ersten 20 Fahrzeuge sollen bis 2005 geliefert werden, 390 folgen später. So der Plan. Denn gestern entschied der Haushaltsausschuss zunächst nur über die Entwicklungskosten von 198,3 Millionen Euro – wie viel der einzelne Panzer schließlich kosten wird, ist noch gar nicht ermittelt. Bislang werden die Gesamtkosten für die 410 Panzer auf bis zu 2,5 Milliarden Euro geschätzt.

Der neue Panzer soll die deutschen Soldaten vor allem in schwierigen Auslandseinsätzen wie in Afghanistan und auf dem Balkan schützen. Zunächst war dafür ein anderes Modell mit dem Arbeitstitel „Panther“ vorgesehen. Doch hatte schon Exverteidigungsminister Rudolf Scharping im Sommer entschieden, dass sich die komplette Neuentwicklung zu lange hinzöge. Die Auslieferung sollte erst im Jahr 2008 beginnen, zudem lagen die Entwicklungskosten bereits bei 285 Millionen Euro. Das fand Scharping zu teuer – der sich mit den Rüstungskonzernen Krauss-Maffei, Wegmann und Rheinmetall auf eine billigere Version mit kürzeren Lieferfristen einigte. Auch der Name „Panther“ wurde wieder gestrichen – ein Fahrzeug der Wehrmacht hatte schon so geheißen.

Ein anderes drängendes Waffenprojekt stand gestern nicht auf der Tagesordnung des Haushaltsausschusses: die Luft-Luft-Rakete mit dem passenden Namen „Meteor“. Auf eine Distanz von 50 nautischen Meilen kann sie feindliche Flugzeuge auch jenseits ihrer Sichtbarkeit abschießen. Bis zum 30. September muss Deutschland entscheiden, ob es sich weiter an der Gemeinschaftsproduktion mit England, Frankreich, Italien, Schweden und Spanien beteiligen will.

Verteidigungsminister Struck will jedoch vor der Bundestagswahl nichts mehr beschließen, setzt auf weitere „internationale Gespräche“ – obwohl alle anderen fünf Vertragsländer das Meteor-Projekt bereits unterzeichnet haben. Der Berliner Friedensforscher Otfried Nassauer nennt diese Zurückhaltung „sehr vernünftig“. Es gebe „substanzielle, technische Zweifel“ am Meteor-Raketensystem. Die „Kostenlawine“ für „Nachentwicklungen“ sei momentan unkalkulierbar.

Die Meteor-verantwortlichen Briten wiederum versuchen anscheinend, Druck auf die Bundesregierung auszuüben, wie die FAZ berichtet. Die Labour-Regierung drohe damit, dass sie am Militärtransporter A 400 M nur festhalte, wenn Deutschland das Beschaffungsabkommen für die Meteor-Rakete fristgerecht unterzeichne.

Struck lavierte gestern: „Sie können davon ausgehen, dass Meteor und A 400 M weiter verfolgt werden.“ Der Verteidigungsminister wurde vom grünen Haushaltsexperten Oswald Metzger unterstützt. Auch er war dafür, sowohl über den Militär-Airbus wie die Meteor-Rakete erst nach der Wahl zu entscheiden.

Diese allseitige Verzögerungstaktik der Regierung hat erkennbar finanzielle Gründe. Ab 2006, heißt es, kracht der Bundeswehrhaushalt sowieso zusammen – zu viele Bestellungen, zu viel Personal. Metzger gestern im Ausschuss: Die Bundeswehr müsse „abspecken“. Für die geplante Bestellung von 73 A 400 M-Maschinen und 180 Eurofightern samt Meteor-Rakete müsse eine Paketlösung erwogen werden, um „40 Maschinen wegverhandeln“ zu können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen