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Wahlkampfhilfe als Karrieresprungbrett

Von Historikern über Juristen bis hin zu Kulturwissenschaftlern ist in den Wahlkampfzentralen der Parteien so ziemlich jede Qualifikation vertreten. Wer sich im Veranstaltungsmanagement bewährt, kann später auf anderen guten Posten landen. Mancher „Promi“ hofft auf Wahlkampf-Publicity

von VOLKER ENGELS

In den Wahlkampfzentralen der Parteien brennt das Licht im Moment bis tief in die Nacht. Viele fleißige Hände stricken eifrig daran, dass die eigene Partei in den kommenden vier Jahren das Regierungszepter in die Hand nehmen – oder es eine weitere Legislaturperiode behalten darf. Hinter der „Kampa 02“ der SPD oder dem christdemokratischen Konrad-Adenauer-Haus versteckt sich ein gut geöltes Kampagnemanagement, das personell einem mittelständischen Betrieb alle Ehre machen würde.

Neben altgedienten Parteiarbeitern sind es oft jung-dynamische Hochschulabsolventen, die unter den Extrembedingungen eines Bundestagswahlkampfes beweisen müssen, dass sie auch dann nicht die Nerven verlieren, wenn die eigene Partei mal wieder einige Prozentpunkte bei den Meinungsforschern eingebüßt hat. Doch der Aufwand kann sich lohnen: Wahlkampfhilfe als Karrieresprungbrett.

Erfahrenes Personal

Die Christdemokraten führen ihren Wahlkampf aus der Parteizentrale, dem Konrad-Adenauer-Haus, heraus. Rund 115 Festangestellte, 15 Mitarbeiter mit Zeitverträgen sowie Studenten und Praktikanten kümmern sich neben ihrer regulären Arbeit darum, die Kandidaten ins rechte Licht zu setzen.

„Weil wir auf höchstens halb so viele Mitarbeiter zurückgreifen können wie die SPD, sind Motivation und hohes Engagement die wichtigste Vorraussetzung “, sagt Franz-Josef Gemein, stellvertretender Sprecher der Bundes-CDU. Im Konrad-Adenauer-Haus gebe es Absolventen unterschiedlicher Studiengänge: „Vom Historiker über Juristen bis hin zu Kulturwissenschaftlern“ reiche die Qualifikation der Mitarbeiter. Gerade im Wahlkampf sei besonders das Veranstaltungsmanagement gefragt, das Parteitage sowie Wahlkampfauftritte der Mitglieder des „Kompetenzteams“ organisiert. Dafür sei man auf „erfahrenes Personal“ angewiesen, weil die Vorbereitung von Veranstaltungen „bis ins Detail stimmen müsse“.

Wer sich in nervösen Zeiten bewährt, wird im Fall eines Wahlsieges nicht vergessen: „Gute Leute werden immer gebraucht und werden öfter gefragt, ob sie nicht an anderer Stelle mitarbeiten möchten“, so Gemein. Aber auch ohne Regierungswechsel sind Referenten nicht für ewig auf die Politik festgelegt: „Viele von denen, die früher im Konrad-Adenauer-Haus gearbeitet haben, arbeiten heute in guten Positionen beispielsweise in der Wirtschaft“, meint der Sprecher.

Einen Karrieresprung ganz anderer Art erhoffen sich über den Wahlkampf wohl auch einige Künstler: Während Rot-Grün von einem illustren Kreis von Intellektuellen, Künstlern und Promis aller Couleur regen Zuspruch erfährt, hievt die CSU zum Beispiel den Sänger Gerd-Christian, der immerhin vor 14 Jahren den Publikumspreis des plattdeutschen Liedes in Schwerin abgeschossen hat, als Promi auf ihre Internetseite. Der passt ja auch recht gut zur sonstigen Unterstützer-Elite der Union: etwa zur Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, die vor einiger Zeit analysiert hatte, dass Stoiber „sexy“ sei und Schwarze zu viel „schnackseln“, sich also lustvoll dem Liebesspiel hingeben.

Die Sozialdemokraten, die ihren Wahlkampf aus dem Willy-Brandt-Haus ausgelagert haben und mit der „Kampa 02“ in Berlins Mitte residieren, organisieren ihren Wahlkampf anders als die Christdemokraten: Für die Mobilisierung oder Schulung von Parteimitgliedern ist eine eigene Arbeitseinheit zuständig, der Bereich Analyse und Recherche wird von einer anderen der insgesamt zehn Abteilungen bearbeitet. Insgesamt beschäftigt die Kampa 02 bis zum Wahltag 120 Mitarbeiter. Der größte Teil kommt aus der Parteizentrale, rund 40 wurden befristet für den Wahlkampf eingestellt.

Bunte Qualifikationen

Die Mitarbeiter verfügen über unterschiedliche fachliche Qualifikationen. Wer etwa im Bereich Veranstaltungsmanagement arbeitet, „muss ein Organisationsgenie sein, der auf diesem Sektor schon vorher Erfahrungen gemacht hat“, erläutert Lutz Meyer, der Büroleiter des Bundesgeschäftsführers. Der Bereich Analyse und Recherche wird vor allem von Politologen oder Wirtschaftswissenschaftlern verstärkt; die Mitarbeiter anderer Abteilungen kommen aus der Werbe- oder Kommunikationsbranche. Parteimitglied müssen die Mitarbeiter nicht unbedingt sein. „Bei der Einstellung haben wir nicht danach geguckt, dass da jemand seit dreißig Jahren im Ortsverein tätig ist“, sagt Meyer.

Wer sich während des Wahlkampfes durch „große fachliche und soziale Kompetenz“ ausgezeichnet habe, hat die Chance, auch für „andere interessante Positionen“ angefragt zu werden, so Meyer. Einige Mitarbeiter des 98er-Wahlkampfteams hätten Aufgaben in der Partei oder der Fraktion übernommen. Andere haben ihre Kampagnenerfahrungen für den Einstieg in den Beruf nutzen können.

Die Professionalisierung von Wahlkämpfen hat auch vor der FDP nicht Halt gemacht: Unter dem Slogan „Nach der Wahl ist vor der Wahl“ sucht die Pünktchenpartei gerade Kampagnenreferenten, die in einem „jungen Team“ mitarbeiten wollen. Neben Organisationstalent und Koordinationsstärke sollen die Bewerber unter anderem auch die „Bereitschaft zu flexiblen Arbeitszeiten“ sowie „Spaß an kollegialer Zusammenarbeit“ haben. Von Geduld ist in der Ausschreibung nicht die Rede. Aber gerade die braucht man wohl als Wahlkämpfer, um irgendwann die illusionären 18 Prozent erreichen zu können.

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